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Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Volume 1
Page - 539 -
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Page - 539 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Volume 1

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als wir tote Mäuse und Ratten zu uns nehmen oder den Speichel andrer Menschen auflecken können, und sollten wir auch, wie jene verirrte [n] Mönche, durch solche Büßungen unser ewiges Seelenheil erwerben zu können glauben. Das Urteil der Antipathie: „Ich kann nicht, ich mag nicht", ist auch hierin oft das allergründlichste Urteil, das Urteil der Vernunft. Die nämlichen Affekte, welche die Menschen, erwecken auch die Bücher in uns, nur sind ihre Eindrücke abstrakter. Warum? Weil die Bücher die abgeschiedenen Seelen der Menschen sind, denen, wenn auch nicht mehr, doch wenig- stens ebensoviel Leben und Kraft als den lebendigen Men- schen zukommt, weil sie geistige Individualitäten sind, die ebenso wie die wirklichen abstoßend oder anziehend auf uns wirken. Der Verkehr mit Büchern ist ein Verkehr mit Geistern. Je höher Geist und Leben steigen, desto flüchtiger ist das Material, worin sie sich ausdrücken. Auf den vergänglichen Blättern der Blume wohnt mehr Geist und Leben als in den plumpen, Jahrtausenden trotzenden Granitblöcken. Die Schicksale mancher Bücher sind so seltsam, die Art, wie sie sich erhalten, [ist] so außerordentlich, daß auch über ihnen unverkennbar ein vorsehender Genius wacht. Aber auch bei ihnen ist der Genius keine äußerlich wir- kende1, sondern eine inwohnende Kraft, das eigne Gute, die eigne Vortrefflichkeit und die damit verbundne Not- wendigkeit der Existenz. Es geht den Büchern wie den Jungfrauen. Gerade die besten, die würdigsten bleiben oft am längsten sitzen. Aber endlich kommt doch noch einer, der sie erkennt und aus dem Dunkel der Verborgenheit an das Licht eines schönen Wirkungskreises hervorzieht.2 Merkwürdig sind Miltons Worte in seiner „Areopagitik" über das Wesen des Buchs. „Ein Buch", sagt er (zu- 1 äußerlich wirkende: äußerliche C 2 Es geht den Büchern . . . hervorzieht. Fehlt in C. 539
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Ludwig Feuerbach Gesammlte Werke, Volume 1
(Gemeinfreie Teile)
Title
Ludwig Feuerbach
Subtitle
Gesammlte Werke
Volume
1
Editor
Werner Schuffenhauer
Publisher
AKADEMIE-VERLAG BERLIN
Date
1981
Language
German
License
PD
Size
11.6 x 17.8 cm
Pages
468
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Gedanken über Tod und Unsterblichkeit 175
    1. Vorsprüche 177
    2. Demütige Bitte 179
    3. Vorwort des Herausgebers 180
    4. Einleitung 183
      1. I. Gott 203
      2. II. Zeit, Raum, Leben 241
      3. III. Geist, Bewußtsein 318
      4. IV. Reimverse auf den Tod 360
      5. V. Schluß 388
      6. VI. Anhang: Xenien 407
  2. Der Ursprung des Bösen nach Jakob Böhme 517
  3. Abälard und Heloise oder Der Schriftsteller und der Mensch 533
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