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Besorgnis, er möchte in einer größern Wirkungssphäre
Gelegenheit haben, zum größten Nachteile seiner Amts-
kollegen seine Weisheit auszukramen und seine Talente
geltend zu machen, und stellt ihn1 selbst in diesem kleinen
Plätzchen, wenn er anders geneigt ist, es anzunehmen,
nur provisorisch an, ohne einen festen Kontrakt mit ihm
abzuschließen, ähnlich dem indianischen Stamm der
Krihks, der seine Ehen vorläufig immer nur auf ein Jahr
abschließt. W'ie sich der Geist nicht an die Welt binden
kann und will, so will umgekehrt die Welt, als wollte sie
Gleiches mit Gleichem vergelten, sich nicht an den Geist
binden. Sie hat es in jeder Beziehung2 von jeher getan und3
bewiesen. So hat auch unsre deutsche Nation ihre großen
Klassiker nur provisorisch als ihre Lehrer angestellt; be-
reits sind sie schon wieder abgesetzt. Wie viele indianische
Stämme, wenn sie gleich die Vorstellung eines höchsten
Wesens haben, das sie den großen Geist oder den großen
Herrn des Lebens nennen, doch diesem höchsten Wesen
ein so kleines, untergeordnetes Pöstchen einräumen, daß
sie noch den größten Spielraum zu dem albernsten Fetisch-
dienst haben, so lesen zwar die guten Deutschen noch
ihre Klassiker, nennen sie auch wohl in ihrer Einfalt
und Redlichkeit ihre größten Geister, räumen ihnen aber,
ach, so ein winziges Fleckchen zu ihrer Wirkungssphäre
ein, daß sie noch unbeschränkten Raum haben, um mit
Gespenstern und Fetischen aller Art die einflußreichsten
Stellen zu besetzen, opfern, wie die Juden, nachdem ihnen
schon Jehova erschienen, noch goldnen Kälbern. Alle
Sonntage gehen wohl einmal die guten Deutschen bei
ihren großen Geistern in die Kirche und lassen sich was
Schönes vorpredigen, aber die meisten haben während der
Predigt ganz andere Dinge im Kopfe, und wenn sie auch
einmal eine Zeit lang dem Prediger Gehör und Beifall
schenken, so entschädigen sie sich durch die darauffolgen-
den sechs Wochentage. Wie viele wilde Völker erweisen
sie nur den niedern, nicht den höhern Gottheiten, nur den
bösen, nicht den guten Geistern Verehrung.
1 Im Original AjB: ihm Hier berichtigt nach C.
2 in . . . Beziehung Fehlt in C.
3 getan und Fehlt in C.
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Volume 1
(Gemeinfreie Teile)
- Title
- Ludwig Feuerbach
- Subtitle
- Gesammlte Werke
- Volume
- 1
- Editor
- Werner Schuffenhauer
- Publisher
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Date
- 1981
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.6 x 17.8 cm
- Pages
- 468
- Category
- Geisteswissenschaften