Page - 627 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Volume 1
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^„Ach, was bist du für ein guter Freund, für eine treue
Seele", sagt in dem echten Schriftsteller der Geist zu dem
Menschen, und drückt ihm dabei herzlich die Hand,
„welche Opfer bringst du mir dar! Der gemeine Menschen-
verstand setzt mir als einem Ruhestörer nach; es ist auf
meinen Kopf ein hoher Preis gesetzt; jede Unterstützung,
die man mir zukommen ließe, jede Kommunikation mit
mir als ein schweres Verbrechen aufs strengste verboten,
und du hast mir zur Herberge in deiner eigenen Wohnung
ein freundliches Studierzimmer eingeräumt und schleichst
dich jede Nacht mit Lebensgefahr her, um die Speisen,
die du dir am Munde absparst, mir zu neuem Lebensstoffe
darzubringen! Oh, welche schwerefn] Opfer! Wie kann
ich sie dir wiedervergelten!" „Oh, lieber Geist", erwidert
darauf der Mensch dem Schriftsteller, „oh, nenne nicht
Opfer Gaben der Liebe und Freundschaft! Was ich dir
gebe, das gibst du mir hundertfältig wieder, ich bin nur,
wenn ich bei dir bin; ein Augenblick, mit dir verlebt, wiegt
mir ein ganzes Menschenalter auf, das ich in dem Leben,
das der Tod des Geistes ist, unter dem Schutze der Polizei
des gemeinen Menschenverstandes zubringe." Und zur Be-
stätigung der Wahrheit dieser Worte drückt der Mensch
den Schriftsteller an seine Brust und schwört, daß er ewig
sein eigen, ewig mit ihm eins sein wolle und werde.
-„So geh' doch mit mir in die weite Welt des Geistes, sei
kein Hasenfuß und Philister; es wird dich gewiß nicht reuen;
du wirst dich frei und glücklich fühlen in den unbeschränk-
ten, herrlichen Aussichten, die sich auf der Reise dir er-
öffnen werden." Also fordert bei den schlechten Autoren
der Schriftsteller den Menschen auf, ihm zu folgen, und
schon steht er gerüstet und reiselustig auf dem leichten
Fahrzeuge da, das ihn über die klaren Fluten der See hin-
führen soll. Aber ungerührt bleibt der feige Mensch am
Ufer stehen, denn er ist Glebae adscriptus [ein Leib-
eigener], und spricht zum Schriftsteller: „Oh, gestrenger
Geist, laß mich da; ich kann nicht fort, unmöglich kann
1 In Original A, B und C fehlen im folgenden Aphorismus bei
dem Dialog die Anführungszeichen.
2 Im folgenden die Anführungszeichen auch im Original von
A, B und C.
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Volume 1
(Gemeinfreie Teile)
- Title
- Ludwig Feuerbach
- Subtitle
- Gesammlte Werke
- Volume
- 1
- Editor
- Werner Schuffenhauer
- Publisher
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Date
- 1981
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.6 x 17.8 cm
- Pages
- 468
- Category
- Geisteswissenschaften