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Zur Kritik der Weiblichkeit
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Stellung der Herrschaft, in dem ritterlichen die Vor- stellung der freiwilligen Unterordnung einnimmt. Man kann in diesem kameradschaftlichen Typus eine Über- tragung der antiken Liebesvorstellungen, wie sie den sinnlich-übersinnlichen Freundschaftsbündnissen zwi- schen Jüngling und Mann zugrunde lagen, auf das Verhältnis von Weib und Mann erkennen. Was in Piatons Symposion als höchste Liebe zwischen einem jüngeren und einem älteren Freunde geschildert wird, ist für das moderne Empfinden nichts anderes als die Darstellung der edelsten heterosexuellen Be- ziehungen. Mit dem Ideal der Gemeinsamkeit hat die Frauen- bewegung eins der Vermächtnisse aufgegriffen, welche die Renaissance kommenden Jahrhunderten hinterließ. Die Anerkennung der freien Persönlichkeit, die Gleich- berechtigung der Geschlechter zum Zwecke einer un- gehemmten und bedingungslosen Entfaltung indivi- dueller Eigenschaften sind in jenem allzu kurzen Aufleuchten höchster Kultur vorübergehend schon Besitz der menschlichen Gesellschaft gewesen. So läßt sich in dem „Vollmenschen", der in dem Ideenkreis der Frauenbewegung auftaucht, eine zwar abgeschwächte, aber in der Hauptsache zutreffende Fassung dessen erkennen, was die Renaissance als Bildungskanon aufgestellt hat. Und der Umstand, daß es die Frauenbewegung nicht auf dem Wege histo- rischer Entwicklung übernommen, sondern aus sich selbst neu geschaffen hat, kann nur dazu beitragen, seinen kulturellen Wert zu beglaubigen. Die Kluft zwischen den Geschlechtern, aus der im Verlauf der europäischen Zivilisation so verschieden- artige Gebilde aufgestiegen sind, glänzende Blüten der Gefühlsromantik wie der Minnedienst, und schauerlich groteske Ausgeburten feindseligen Wahnes 151
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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