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mit dem Empfangen von außen zusammenhängt, wird
das Marholmsche Weib charakterisiert; es kann da-
her auch „mit der Konvenienz nicht brechen, denn
diese ist seine einzige Stütze". Und die Konvenienz
ist nicht bloß außer ihm, sie ist auch in ihm. Sie
ist zugleich „seine intimste weibliche Scham, sie ist
die Richtschnur seines Empfindens". Das Salomesche
Weib aber „hat eine viel tiefer verborgene Verachtung
vor dem traditionell Geltenden als der Mann . . .
Nicht das weiblichste Weib ist es, das am meisten des
Hauses, der Sitte, des festgezogenen Kreises bedarf,
um sich als Weib zu fühlen, vielmehr ist es sein
schöpferisches Vermögen, all dieses aus sich selbst
aufzurichten. So paradox es klingt, so kann man
doch sagen: das Haus, die Sitte, die Schranke müssen
viel mehr für den Mann da sein". Bloß der Umstand,
daß über dem Weibe so viele äußerliche Nötigungen
regieren, erzeugt den Anschein des Gegenteils. Und
ausdrücklich verwahrt sich Lou Andreas-Salome gegen
das verbreiteteMißverständnis, diebeiden Geschlechter
als bloße Hälften aufzufassen, wie „es in der popu-
lären Redewendung vom Weiblichen, als dem passiv
empfangenden Gefäß und dem männlichen als dem
aktiv schöpferischen Inhalt" geschieht.
„Der Mensch als Weib" im Salomeschen Lichte ist
eine Zusammenstellung aller Eigenschaften, die sich
aus den physiologischen Bedingungen der weiblichen
Korporisation ableiten lassen, eine modernisierte Aus-
legung dessen, was von alters her als spezifisch weib-
lich gegolten hat. Daher auch die Salomesche An-
schauung, d^ßjene alten Bezeichnungen für das Wesen
des Weibes, „als da sind: Häuslichkeit, am-Herde-
walten, Religion, Selbstbescheidung, Unterordnung,
Reinheit, Sittigkeit u. a. m.", keineswegs Zufallsbe-
zeichnungen sind, sondern, wenn auch grob und kom-
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Title
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Author
- Rosa Mayreder
- Publisher
- Eugen Diederichs Verlag
- Location
- Jena
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.5 x 16.5 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Vorwort 1
- Grundzüge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges über die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299