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gestellt, sie repräsentieren ihre vornehmsten morali-
schen Werte. Ausgegangen allerdings sind sie von
Männern, als Vorschriften ohne Ansehung des Ge-
schlechtes— eine Tatsache, die wie die ganze christ-
liche Vorstellungswelt in ihrer symptomatischen Be-
deutung von den Verfechtern der spezifischen Ge-
schlechtspsychologie viel zu wenig beachtet wird.
Und &s ist zu fürchten, daß in der „allgemein-mensch-
lichen Sympathie, der MĂĽtterlichkeit in der weitesten
Bedeutung", die sozialen und religiösen Genies unter
den Männern den Frauen längst den Rang abgelaufen
haben.
Die persönliche Hingebung an sich ist nicht immer,
wie Ellen Key will, eine zuverlässige Basis für eine
Gemeinsamkeit jener Frauen, deren Rasseabzeichen
sie bilden soll. Nicht immer bedeutet das Aufgehen
in der Mutterschaft ein Symptom weiblicher „Selbst-
losigkeit". Viele Frauen der Mutterschaft gehören
ihrer ganzen Wesensbeschaffenheit nach nicht dem
altruistisch-sentimentalenTypus der Aufopferung Ellen
Keys an, sondern eher dem egoistisch-frigiden. Die
enge physische Verbindung zwischen Mutter und Kind
läßt sie das Kind als einen Annex ihres eigenen
Organismus empfinden, auf den sich ihre Liebe wie
auf ihr eigenes Selbst erstreckt, weil es fĂĽr sie noch
kein von ihnen unterschiedenes Wesen ist.
Man kann mit demselben Recht behaupten, daĂź
„das Weib" kein Zentrum in sich hat, als daß es
das konzentrischste Wesen und viel mehr sein eigener
Mittelpunkt ist als der Mann— es kommt nur darauf
an, welche Art von Frauen man unter dem Sammel-
namen „das Weib" versteht. Wer wüßte nicht,
welchen Grad der Kultus der eigenen Person, die
an Selbstvergötterung grenzende Selbstliebe bei vielen
Frauen erreicht? In dem Typus, den Ellen Key
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Title
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Author
- Rosa Mayreder
- Publisher
- Eugen Diederichs Verlag
- Location
- Jena
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.5 x 16.5 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Vorwort 1
- GrundzĂĽge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges ĂĽber die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299