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Zur Kritik der Weiblichkeit
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kommt, eine peinvolle ErnĂŒchterung. So wird die SexualitĂ€t, die fĂŒr den primitiven Mann die Quelle eines gesteigerten SelbstgefĂŒhles und Überlegenheits- bewußtseins ist, fĂŒr ihn ein quĂ€lend zwiespĂ€ltiger Zu- stand, der Ursprung einer Dissonanz, die er nicht bloß in seinem persönlichen Leben, sondern im ganzen Weltall vernimmt. Es gibt Anhaltspunkte, die darauf hinweisen, daß ein Zusammenhang zwischen der asketisch-pessimi- stischenWeltanschauung und der, mit einergesteigerten Geistigkeit verbundenen anerotischen SexualitĂ€t be- steht. Der ungeheuerliche Gedanke einer allgemeinen untilgbaren Verschuldung der Menschheit, die Auf- fassung des Geschlechtsaktes als eines SĂŒndenfalles und des ganzen Erdenlebens als einer fluchbeladenen TĂ€uschung, scheinen in dem Zwiespalt ihren geheimen Grund zu haben, der das Seelenleben solcher MĂ€nner zerreißt. Die großen VerĂ€chter des kreatĂŒrlichen Lebens, die Erfinder einer jenseitigen, ĂŒbersinnlichen Welt, waren fast alle zugleich VerĂ€chter und Gegner des Weibes. FĂŒr den an seiner SexualitĂ€t leidenden Mann muß die Welt, die aus der Zeugung entspringt, mit einem Fluche behaftet sein, und das Weib als das Objekt, das den unheilvollen Trieb ewig wach erhĂ€lt, die nĂ€chste Ursache dieses Fluches. Es ist symptomatisch fĂŒr diese Art des Empfindens, daß die mĂ€nnliche Phantasie das Weib als die VerfĂŒhrerin, als die Veranlasserin des SĂŒndenfalls hingestellt hat, und daß sie die Erlösung von einem ĂŒber das Ge- schlechtliche erhabenen Weibe, von einer „unbe- fleckten" Jungfrau ausgehen ließ. Was sich in dem grundlegenden Mythus von Adam und Eva Ă€ußert: die Projektion eines Zustandes der mĂ€nnlichen Psyche in die Gestalt des Weibes, die VerfĂŒhrung der Geistigkeit durch die SexualitĂ€t, 235
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, MachtverhÀltnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. GrundzĂŒge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der MĂ€nnlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges ĂŒber die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der IndividualitÀt 261
  13. Nachwort 299
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