Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geisteswissenschaften
Zur Kritik der Weiblichkeit
Seite - 235 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 235 - in Zur Kritik der Weiblichkeit

Bild der Seite - 235 -

Bild der Seite - 235 - in Zur Kritik der Weiblichkeit

Text der Seite - 235 -

kommt, eine peinvolle Ernüchterung. So wird die Sexualität, die für den primitiven Mann die Quelle eines gesteigerten Selbstgefühles und Überlegenheits- bewußtseins ist, für ihn ein quälend zwiespältiger Zu- stand, der Ursprung einer Dissonanz, die er nicht bloß in seinem persönlichen Leben, sondern im ganzen Weltall vernimmt. Es gibt Anhaltspunkte, die darauf hinweisen, daß ein Zusammenhang zwischen der asketisch-pessimi- stischenWeltanschauung und der, mit einergesteigerten Geistigkeit verbundenen anerotischen Sexualität be- steht. Der ungeheuerliche Gedanke einer allgemeinen untilgbaren Verschuldung der Menschheit, die Auf- fassung des Geschlechtsaktes als eines Sündenfalles und des ganzen Erdenlebens als einer fluchbeladenen Täuschung, scheinen in dem Zwiespalt ihren geheimen Grund zu haben, der das Seelenleben solcher Männer zerreißt. Die großen Verächter des kreatürlichen Lebens, die Erfinder einer jenseitigen, übersinnlichen Welt, waren fast alle zugleich Verächter und Gegner des Weibes. Für den an seiner Sexualität leidenden Mann muß die Welt, die aus der Zeugung entspringt, mit einem Fluche behaftet sein, und das Weib als das Objekt, das den unheilvollen Trieb ewig wach erhält, die nächste Ursache dieses Fluches. Es ist symptomatisch für diese Art des Empfindens, daß die männliche Phantasie das Weib als die Verführerin, als die Veranlasserin des Sündenfalls hingestellt hat, und daß sie die Erlösung von einem über das Ge- schlechtliche erhabenen Weibe, von einer „unbe- fleckten" Jungfrau ausgehen ließ. Was sich in dem grundlegenden Mythus von Adam und Eva äußert: die Projektion eines Zustandes der männlichen Psyche in die Gestalt des Weibes, die Verführung der Geistigkeit durch die Sexualität, 235
zurück zum  Buch Zur Kritik der Weiblichkeit"
Zur Kritik der Weiblichkeit
Titel
Zur Kritik der Weiblichkeit
Autor
Rosa Mayreder
Verlag
Eugen Diederichs Verlag
Ort
Jena
Datum
1922
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
10.5 x 16.5 cm
Seiten
316
Schlagwörter
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Kategorie
Geisteswissenschaften

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Zur Kritik der Weiblichkeit