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FAMILiENLITERATUR
lEMALS noch ist die herrschende Vor-
stellung vom W^eibe, das „Ideal" des
Weibes, so sehr versimpelt gewesen
wie im 19. Jahrhundert. Um den
vollen Umfang dieser Versimpelung
zu begreifen, muß man das Bild der
Weiblichkeit in jener Literatur suchen, die eigens für
die Frauen geschrieben wird. Denn das ist die frag-
würdige Auszeichnung unserer Zeit vor anderen Kultur-
epochen: es gibt eine Literatur eigens für Frauen.
In der antiken Kultur existierte das weibliche Ge-
schlecht als literarisches Publikum bis zur römischen
Verfallzeit überhaupt nicht; das Theater war den
Frauen unzugänglich, und der geringe Grad ihrer
Bildung, ihre Unkenntnis des Lesens, ihre auf das
Haus beschränkte Lebensweise verschloß ihnen auch
den Zugang zur geschriebenen oder rezitierten Dicht-
kunst. Dennoch überliefert die antike Literatur ein
reich individualisiertes Bild des Weibes, besonders
in den Gestalten weiblicher Gottheiten.
Im Mittelalter hingegen waren gerade die Frauen,
neben den Geistlichen die Trägerinnen der hohen
Bildung und über die Geistlichen hinaus die Träge-
rinnen der schönen Sitte und edlen Geselligkeit,
fast ausschließlich das Publikum der weltlichen Dicht-
kunst; und alles, was auf diesem Gebiete hervor-
gebracht wurde, war für sie bestimmt, ohne daß sie
einen hemmenden oder beschränkenden Einfluß auf
Stoff und Darstellung ausübten. Auch aus dieser
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Titel
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Autor
- Rosa Mayreder
- Verlag
- Eugen Diederichs Verlag
- Ort
- Jena
- Datum
- 1922
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.5 x 16.5 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 1
- Grundzüge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges über die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299