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DASSUBJEKTIVEGESCHLECHTSIDOL
iARUM widerfährt den einen von den
Frauen so viel Schlechtes, den ande-
ren so viel Gutes? Welche Schick-
salstücke ist es, die für die meisten
eine ganz einseitige Auswahl trifft?
Welches geheime Gesetz regelt die
Begegnungen, aus denen jeder Mann die Summe sei-
ner Frauenkenntnis zieht?
Deutlicher als überall offenbaren sich hier die bei-
den, das menschliche Geistesleben in seinen Unter-
gründen am stärksten bindenden Eigentümlichkeiten:
die Abhängigkeit alles Denkens von der angeborenen
Eigenart, und die Neigung, die Ergebnisse des eigenen
Denkens für objektive Wahrheiten zu halten. Wenn
die „Wahrheit", die eine individuelle Intelligenz her-
vorbringt, immer durch eine bestimmte Wesensart
bedingt ist, muß nicht der verborgene Zusammen-
hang zwischen dem sogenannten objektiven Denken
und der geistig-körperlichen Konstitution dort am un-
mittelbarsten sein, wo es sich nicht um Prinzipien
des reinen Erkennens handelt, sondern um eine kon-
krete Erscheinung, die den Mann persönlich so nahe
angeht, wie „das Weib"?—
Der geistige Prozeß, der sich abwickelt, wenn eine
Verallgemeinerung zustande kommt, wenn einzelne
Daten der Erfahrung, in ein gemeinsames zusammen-
gefaßt, zu einer Schlußfolgerung benützt werden, ist
von der Person des Erfahrenden nicht zu trennen;
sonst könnten die gleichen Tatsachen von verschie-
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Titel
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Autor
- Rosa Mayreder
- Verlag
- Eugen Diederichs Verlag
- Ort
- Jena
- Datum
- 1922
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.5 x 16.5 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 1
- Grundzüge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges über die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299