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Zur Kritik der Weiblichkeit
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liehen IrritabilitĂ€t endlich, die Neigung zum Weinen, teilen die genialen Menschen ebenfalls; und es ist bekannt, wie leicht beispielsweise Goethe in TrĂ€nen ausbrach. Goethe war es auch, der sich zu einer Eigenschaft spezifisch weiblicher Art bekannte: der RezeptivitĂ€t, das heißt der FĂ€higkeit, Fremdes leben- dig in sich aufzunehmen. Ohne eine das gewöhnliche Maß ĂŒberragende RezeptivitĂ€t kann das Genie so wenig bestehen wie ohne eine erhöhte ProduktivitĂ€t, die man als seine wesentlichste Eigenschaft zu betrachten gewohnt ist. Nicht als eine Steigerung der spezifisch mĂ€nnlichen Natur ist das Genie zu begreifen, sondern als eine Ausdehnung ĂŒber die Grenzen der einseitigen Geschlechtsdifferenzierung, als eine Synthese der mĂ€nnlichen und weiblichen Natur— was sich auch darin offenbart, daß geniale Frauen gleichfalls nicht dieextreme Geschlechtsdifferenzierung zeigen,sondern eher mĂ€nnliche WesenszĂŒge. Auch in dem VerhĂ€ltnis des bewußten Lebens zum Unbewußten erscheint das Genie als Synthese. Ri- carda Huch spricht in ihrem Buche ĂŒber die BlĂŒte- zeit der Romantik davon, indem sie den unbewußt handelnden Menschen den mĂ€nnlichen Typus nennt, den erkennenden, dessen Triebe, weil sie ins Bewußt- sein treten, sich nicht in Handlung umsetzen können, den artistischen oder weiblichen, den Typus aber, der diese beiden vereinigt, den mannweiblichen, wel- chen das Genie trĂ€gt. Was sie im Anschlußan dieseAus- fĂŒhrung unter dem „harmonischen Zukunftsmenschen" versteht, istdaheraucheinemannweiblicheErscheinung. Das hervorragendste Beispiel dafĂŒr, wie deutlich die geistige ProduktivitĂ€t in der Vorstellung des ge- nialen Menschen den Charakter der Hermaphrodisie annehmen kann, gibt Richard Wagner dort, wo er das VerhĂ€ltnis von Dichtkunst und Musik zueinander dar- 276
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, MachtverhÀltnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. GrundzĂŒge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der MĂ€nnlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges ĂŒber die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der IndividualitÀt 261
  13. Nachwort 299
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