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bezeichnen, in welchem jene entgegengesetzten Grund-
triebe bei ihnen zur Erscheinung kommen, so ergeben
sich drei Typen, zugleich die Träger dreier verschie-
dener Ideale, die der Mensch sich ĂĽber seine Stellung
zur geschlechtlichen Differenzierung schafft.
Der häufigste und allgemeinste Typus, derjenige,
welcher der Physiognomie der Mehrzahl ihre Signatur
verleiht, ist der akratische Mensch, das ungemischte,
einseitig entwickelte Geschlechtswesen, dessen ganze
Persönlichkeit durch die teleologischen Geschlechts-
eigenschaften bestimmt wird. Alle die sattsam bekann-
ten Aussagen über das, was der „ganze Mann" und
das „echte Weib* sein soll, gehen von den akratischen
Menschen aus; in diesen vorbildlichenTypen, die nichts
anderes bedeuten als den männlichsten Mann und das
weiblichsteWeib, findet die zentrifugale Geschlechtlich-
keit ihren stärksten Ausdruck. An den Extremen wird
die akratische Wesensart zur gewalttätigen, sinnlich-
unbändigen,herrischenMännlichkeitundzurschwachen,
nichtigen, passiven, oder auch listigen, buhlerischen,
verlogenen Weiblichkeit— Formen der Geschlechts-
differenzierung, die einander bedingen und einander
ebenbĂĽrtig sind.
Wie der akratische Mensch völlig der alltäglichen
Realität des Lebens angehört, so ist der höchste Typus
der zentripetalen Geschlechtlichkeit, der iliastrische
Mensch, ganz und gar BĂĽrger einer anderen Welt, allem
Irdischen entfremdet, ein Ăśberwinder des Geschlechtes
und durch diese Überwindung mit höheren, mit „über-
sinnlichen" Kräften ausgerüstet. Als vollendetster
Repräsentant des iliastrischen Menschentumes inner-
halb der abendländischen Kultur erscheint der christ-
liche Heilige, aus dessen geistig-sittlicher Erschei-
nung die geschlechtliche Differenzierung völlig ausge-
löscht ist.
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Title
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Author
- Rosa Mayreder
- Publisher
- Eugen Diederichs Verlag
- Location
- Jena
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.5 x 16.5 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Vorwort 1
- GrundzĂĽge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges ĂĽber die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299