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Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
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Page - 10 - in Grundlegung zur Metaphysik der Sitten

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durch seine Tauglichkeit zur Erreichung irgend eines vorgesetzten Zweckes, sondern allein durch das Wollen, d. i. an sich, gut und, für sich selbst betrachtet, ohne Vergleich weit höher zu schätzen als alles, was durch ihn zu Gunsten irgend einer Neigung, ja wenn man will, der Summe aller Neigungen nur immer zu Stande gebracht werden könnte. Wenn gleich durch eine besondere Ungunst des Schicksals, oder durch kärgliche Ausstattung einer stiefmütterlichen Natur es diesem Willen gänzlich an Vermögen fehlte, seine Absicht durchzusetzen; wenn bei seiner größten Bestrebung dennoch nichts von ihm ausgerichtet würde, und nur der gute Wille (freilich nicht etwa als ein bloßer Wunsch, sondern als die Aufbietung aller Mittel, so weit sie in unserer Gewalt sind) übrig bliebe: so würde er wie ein Juwel doch für sich selbst glänzen, als etwas, das seinen vollen Wert in sich selbst hat. Die Nützlichkeit oder Fruchtlosigkeit kann diesem Werte weder etwas zusetzen, noch abnehmen. Sie würde gleichsam nur die Einfassung sein, um ihn im gemeinen Verkehr besser handhaben zu können, oder die Aufmerksamkeit derer, die noch nicht genug Kenner sind, auf sich zu ziehen, nicht aber um ihn Kennern zu empfehlen und seinen Wert zu bestimmen. Es liegt gleichwohl in der Idee von dem absoluten Werte des bloßen Willens, ohne einigen Nutzen bei Schätzung desselben in Anschlag zu bringen, etwas so Befremdliches, dass unerachtet aller Einstimmung selbst der gemeinen Vernunft mit derselben dennoch ein Verdacht entspringen muss, dass vielleicht bloß hochfliegende Phantasterei insgeheim zum Grunde liege, und die Natur in ihrer Absicht, warum sie unserm Willen Vernunft zur Regiererin beigelegt habe, falsch verstanden sein möge. Daher wollen wir diese Idee aus diesem Gesichtspunkte auf die Prüfung stellen. In den Naturanlagen eines organisierten, d. i. zweckmäßig zum Leben eingerichteten, Wesens nehmen wir es als Grundsatz an, dass kein Werkzeug zu irgend einem Zwecke in demselben angetroffen werde, als was auch zu demselben das schicklichste und ihm am meisten angemessen ist. Wäre nun an einem Wesen, das Vernunft und einen Willen hat, seine Erhaltung, sein Wohlergehen, mit einem Worte seine Glückseligkeit, der eigentliche Zweck der Natur, so hätte sie ihre Veranstaltung dazu sehr schlecht getroffen, sich die Vernunft des Geschöpfs zur Ausrichterin dieser ihrer Absicht zu ersehen. Denn alle Handlungen, die es in dieser Absicht auszuüben hat, und die ganze Regel seines Verhaltens würden ihm weit genauer durch Instinkt vorgezeichnet und jener Zweck weit sicherer dadurch haben erhalten werden können, als es jemals durch Vernunft geschehen kann, und sollte diese ja obenein dem begünstigten Geschöpf erteilt worden sein, so würde sie ihm nur dazu haben dienen müssen, um über die glückliche Anlage seiner Natur Betrachtungen anzustellen, sie zu bewundern, sich ihrer zu erfreuen und der wohltätigen Ursache dafür dankbar zu sein; nicht aber, um sein 10
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Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
Title
Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
Author
Immanuel Kant
Date
1785
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
70
Keywords
Philosophie, Vernunft, Aufklärung, Ethik, Kritik
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorrede 4
  2. Erster Abschnitt 9
    1. Übergang von der gemeinen sittlichen Vernunfterkenntnis zur philosophischen 9
  3. Zweiter Abschnitt 20
    1. Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten 20
    2. Die Autonomie des Willens als oberstes Prinzip der Sittlichkeit 48
    3. Die Heteronomie des Willens als der Quell aller unechten Prinzipien der Sittlichkeit 49
    4. Einteilung aller möglichen Prinzipien der Sittlichkeit aus dem angenommenen Grundbegriffe der Heteronomie 50
  4. Dritter Abschnitt 54
    1. Übergang von der Metaphysik der Sitten zur Kritik der reinen praktischen Vernunft. Der Begriff der Freiheit ist der Schlüssel zur Erklärung der Autonomie des Willens 54
    2. Freiheit muss als Eigenschaft des Willens aller vernünftigen Wesen vorausgesetzt werden 56
    3. Von dem Interesse, welches den Ideen der Sittlichkeit anhängt 57
    4. Wie ist ein kategorischer Imperativ möglich? 61
    5. Von der äußersten Grenze aller praktischen Philosophie 63
  5. Schlussanmerkung 70
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