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Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
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der Maxime seines Willens als eines solchen zu tun, der zugleich sich selbst als allgemein gesetzgebend zum Gegenstande haben könnte; denn alsdann nur ist das praktische Prinzip und der Imperativ, dem er gehorcht, unbedingt, weil er gar kein Interesse zum Grunde haben kann. Es ist nun kein Wunder, wenn wir auf alle bisherige Bemühungen, die jemals unternommen worden, um das Prinzip der Sittlichkeit ausfindig zu machen, zurücksehen, warum sie insgesamt haben fehlschlagen müssen. Man sah den Menschen durch seine Pflicht an Gesetze gebunden, man ließ es sich aber nicht einfallen, dass er nur seiner eigenen und dennoch allgemeinen Gesetzgebung unterworfen sei, und dass er nur verbunden sei, seinem eigenen, dem Naturzwecke nach aber allgemein gesetzgebenden Willen gemäß zu handeln. Denn wenn man sich ihn nur als einem Gesetz (welches es auch sei) unterworfen dachte: so musste dieses irgend ein Interesse als Reiz oder Zwang bei sich führen, weil es nicht als Gesetz aus seinem Willen entsprang, sondern dieser gesetzmäßig von etwas anderem genötigt wurde, auf gewisse Weise zu handeln. Durch diese ganz notwendige Folgerung aber war alle Arbeit, einen obersten Grund der Pflicht zu finden, unwiederbringlich verloren. Denn man bekam niemals Pflicht, sondern Notwendigkeit der Handlung aus einem gewissen Interesse heraus. Dieses mochte nun ein eigenes oder fremdes Interesse sein. Aber alsdann musste der Imperativ jederzeit bedingt ausfallen und konnte zum moralischen Gebote gar nicht taugen. Ich will also diesen Grundsatz das Prinzip der Autonomie des Willens im Gegensatz mit jedem andern, das ich deshalb zur Heteronomie zähle, nennen. Der Begriff eines jeden vernünftigen Wesens, das sich durch alle Maximen seines Willens als allgemein gesetzgebend betrachten muss, um aus diesem Gesichtspunkte sich selbst und seine Handlungen zu beurteilen, führt auf einen ihm anhängenden sehr fruchtbaren Begriff, nämlich den eines Reichs der Zwecke. Ich verstehe aber unter einem Reiche die systematische Verbindung verschiedener vernünftiger Wesen durch gemeinschaftliche Gesetze. Weil nun Gesetze die Zwecke ihrer allgemeinen Gültigkeit nach bestimmen, so wird, wenn man von dem persönlichen Unterschiede vernünftiger Wesen, imgleichen allem Inhalte ihrer Privatzwecke abstrahiert, ein Ganzes aller Zwecke (sowohl der vernünftigen Wesen als Zwecke an sich, als auch der eigenen Zwecke, die ein jedes sich selbst setzen mag) in systematischer Verknüpfung, d. i. ein Reich der Zwecke, gedacht werden können, welches nach obigen Prinzipien möglich ist. Denn vernünftige Wesen stehen alle unter dem Gesetz, dass jedes derselben sich selbst und alle andere niemals bloß als Mittel, sondern jederzeit zugleich 41
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Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
Title
Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
Author
Immanuel Kant
Date
1785
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
70
Keywords
Philosophie, Vernunft, Aufklärung, Ethik, Kritik
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorrede 4
  2. Erster Abschnitt 9
    1. Übergang von der gemeinen sittlichen Vernunfterkenntnis zur philosophischen 9
  3. Zweiter Abschnitt 20
    1. Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten 20
    2. Die Autonomie des Willens als oberstes Prinzip der Sittlichkeit 48
    3. Die Heteronomie des Willens als der Quell aller unechten Prinzipien der Sittlichkeit 49
    4. Einteilung aller möglichen Prinzipien der Sittlichkeit aus dem angenommenen Grundbegriffe der Heteronomie 50
  4. Dritter Abschnitt 54
    1. Übergang von der Metaphysik der Sitten zur Kritik der reinen praktischen Vernunft. Der Begriff der Freiheit ist der Schlüssel zur Erklärung der Autonomie des Willens 54
    2. Freiheit muss als Eigenschaft des Willens aller vernünftigen Wesen vorausgesetzt werden 56
    3. Von dem Interesse, welches den Ideen der Sittlichkeit anhängt 57
    4. Wie ist ein kategorischer Imperativ möglich? 61
    5. Von der äußersten Grenze aller praktischen Philosophie 63
  5. Schlussanmerkung 70
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