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heißen) nehmen zu müssen. Nun ist auf solche Weise eine Welt vernünftiger
Wesen (mundus intelligibilis) als ein Reich der Zwecke möglich und zwar
durch die eigene Gesetzgebung aller Personen als Glieder. Demnach muss ein
jedes vernünftige Wesen so handeln, als ob es durch seine Maximen jederzeit
ein gesetzgebendes Glied im allgemeinen Reiche der Zwecke wäre. Das
formale Prinzip dieser Maximen ist: handle so, als ob deine Maxime zugleich
zum allgemeinen Gesetze (aller vernünftigen Wesen) dienen sollte. Ein Reich
der Zwecke ist also nur möglich nach der Analogie mit einem Reiche der
Natur, jenes aber nur nach Maximen, d. i. sich selbst auferlegten Regeln,
diese nur nach Gesetzen äußerlich genötigter wirkenden Ursachen. Dem
unerachtet gibt man doch auch dem Naturganzen, ob es schon als Maschine
angesehen wird, dennoch, so fern es auf vernünftige Wesen als seine Zwecke
Beziehung hat, aus diesem Grunde den Namen eines Reichs der Natur. Ein
solches Reich der Zwecke würde nun durch Maximen, deren Regel der
kategorische Imperativ allen vernünftigen Wesen vorschreibt, wirklich zu
Stande kommen, wenn sie allgemein befolgt würden. Allein obgleich das
vernünftige Wesen darauf nicht rechnen kann, dass, wenn es auch gleich diese
Maxime selbst pünktlich befolgte, darum jedes andere eben derselben treu
sein würde, imgleichen dass das Reich der Natur und die zweckmäßige
Anordnung desselben mit ihm, als einem schicklichen Gliede, zu einem durch
es selbst möglichen Reiche der Zwecke zusammenstimmen, d. i. seine
Erwartung der Glückseligkeit begünstigen werde, so bleibt doch jenes Gesetz:
handle nach Maximen eines allgemein gesetzgebenden Gliedes zu einem bloß
möglichen Reiche der Zwecke, in seiner vollen Kraft, weil es kategorisch
gebietend ist. Und hierin liegt eben das Paradoxon: dass bloß die Würde der
Menschheit als vernünftiger Natur ohne irgend einen andern dadurch zu
erreichenden Zweck oder Vorteil, mithin die Achtung für eine bloße Idee
dennoch zur unnachlässlichen Vorschrift des Willens dienen sollte, und dass
gerade in dieser Unabhängigkeit der Maxime von allen solchen Triebfedern
die Erhabenheit derselben bestehe und die Würdigkeit eines jeden
vernünftigen Subjekts, ein gesetzgebendes Glied im Reiche der Zwecke zu
sein; denn sonst würde es nur als dem Naturgesetze seines Bedürfnisses
unterworfen vorgestellt werden müssen. Obgleich auch das Naturreich
sowohl, als das Reich der Zwecke als unter einem Oberhaupte vereinigt
gedacht würde, und dadurch das letztere nicht mehr bloße Idee bliebe,
sondern wahre Realität erhielte, so würde hierdurch zwar jener der Zuwachs
einer starken Triebfeder, niemals aber Vermehrung ihres innern Werts zu
statten kommen; denn diesem ungeachtet müsste doch selbst dieser alleinige
unumschränkte Gesetzgeber immer so vorgestellt werden, wie er den Wert der
vernünftigen Wesen nur nach ihrem uneigennützigen, bloß aus jener Idee
ihnen selbst vorgeschriebenen Verhalten beurteilte. Das Wesen der Dinge
ändert sich durch ihre äußere Verhältnisse nicht, und was, ohne an das letztere
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Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
- Title
- Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
- Author
- Immanuel Kant
- Date
- 1785
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 70
- Keywords
- Philosophie, Vernunft, Aufklärung, Ethik, Kritik
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Vorrede 4
- Erster Abschnitt 9
- Zweiter Abschnitt 20
- Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten 20
- Die Autonomie des Willens als oberstes Prinzip der Sittlichkeit 48
- Die Heteronomie des Willens als der Quell aller unechten Prinzipien der Sittlichkeit 49
- Einteilung aller möglichen Prinzipien der Sittlichkeit aus dem angenommenen Grundbegriffe der Heteronomie 50
- Dritter Abschnitt 54
- Übergang von der Metaphysik der Sitten zur Kritik der reinen praktischen Vernunft. Der Begriff der Freiheit ist der Schlüssel zur Erklärung der Autonomie des Willens 54
- Freiheit muss als Eigenschaft des Willens aller vernünftigen Wesen vorausgesetzt werden 56
- Von dem Interesse, welches den Ideen der Sittlichkeit anhängt 57
- Wie ist ein kategorischer Imperativ möglich? 61
- Von der äußersten Grenze aller praktischen Philosophie 63
- Schlussanmerkung 70