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Erscheinungen stehen.
Die subjektive Unmöglichkeit, die Freiheit des Willens zu erklären, ist mit
der Unmöglichkeit, ein Interesse ausfindig und begreiflich zu machen,
welches der Mensch an moralischen Gesetzen nehmen könne, einerlei; und
gleichwohl nimmt er wirklich daran ein Interesse, wozu wir die Grundlage in
uns das moralische Gefühl nennen, welches fälschlich für das Richtmaß
unserer sittlichen Beurteilung von einigen ausgegeben worden, da es vielmehr
als die subjektive Wirkung, die das Gesetz auf den Willen ausübt, angesehen
werden muss, wozu Vernunft allein die objektiven Gründe hergibt.
Um das zu wollen, wozu die Vernunft allein dem sinnlich-affizierten
vernünftigen Wesen das Sollen vorschreibt, dazu gehört freilich ein Vermögen
der Vernunft, ein Gefühl der Lust oder des Wohlgefallens an der Erfüllung der
Pflicht einzuflößen, mithin eine Kausalität derselben, die Sinnlichkeit ihren
Prinzipien gemäß zu bestimmen. Es ist aber gänzlich unmöglich, einzusehen,
d. i. a priori begreiflich zu machen, wie ein bloßer Gedanke, der selbst nichts
Sinnliches in sich enthält, eine Empfindung der Lust oder Unlust
hervorbringe; denn das ist eine besondere Art von Kausalität, von der wie von
aller Kausalität wir gar nichts a priori bestimmen können, sondern darum
allein die Erfahrung befragen müssen. Da diese aber kein Verhältnis der
Ursache zur Wirkung, als zwischen zwei Gegenständen der Erfahrung an die
Hand geben kann, hier aber reine Vernunft durch bloße Ideen (die gar keinen
Gegenstand für Erfahrung abgeben) die Ursache von einer Wirkung, die
freilich in der Erfahrung liegt, sein soll, so ist die Erklärung, wie und warum
uns die Allgemeinheit der Maxime als Gesetzes, mithin die Sittlichkeit
interessiere, uns Menschen gänzlich unmöglich. So viel ist nur gewiss: dass es
nicht darum für uns Gültigkeit hat, weil es interessiert (denn das ist
Heteronomie und Abhängigkeit der praktischen Vernunft von Sinnlichkeit,
nämlich einem zum Grunde liegenden Gefühl, wobei sie niemals sittlich
gesetzgebend sein könnte), sondern dass es interessiert, weil es für uns als
Menschen gilt, da es aus unserem Willen als Intelligenz, mithin aus unserem
eigentlichen Selbst entsprungen ist; was aber zur bloßen Erscheinung gehört,
wird von der Vernunft notwendig der Beschaffenheit der Sache an sich selbst
untergeordnet.
Die Frage also, wie ein kategorischer Imperativ möglich sei, kann zwar so
weit beantwortet werden, als man die einzige Voraussetzung angeben kann,
unter der er allein möglich ist, nämlich die Idee der Freiheit, imgleichen als
man die Notwendigkeit dieser Voraussetzung einsehen kann, welches zum
praktischen Gebrauche der Vernunft, d. i. zur Überzeugung von der Gültigkeit
dieses Imperativs, mithin auch des sittlichen Gesetzes hinreichend ist, aber
wie diese Voraussetzung selbst möglich sei, lässt sich durch keine
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Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
- Title
- Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
- Author
- Immanuel Kant
- Date
- 1785
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 70
- Keywords
- Philosophie, Vernunft, Aufklärung, Ethik, Kritik
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Vorrede 4
- Erster Abschnitt 9
- Zweiter Abschnitt 20
- Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten 20
- Die Autonomie des Willens als oberstes Prinzip der Sittlichkeit 48
- Die Heteronomie des Willens als der Quell aller unechten Prinzipien der Sittlichkeit 49
- Einteilung aller möglichen Prinzipien der Sittlichkeit aus dem angenommenen Grundbegriffe der Heteronomie 50
- Dritter Abschnitt 54
- Übergang von der Metaphysik der Sitten zur Kritik der reinen praktischen Vernunft. Der Begriff der Freiheit ist der Schlüssel zur Erklärung der Autonomie des Willens 54
- Freiheit muss als Eigenschaft des Willens aller vernünftigen Wesen vorausgesetzt werden 56
- Von dem Interesse, welches den Ideen der Sittlichkeit anhängt 57
- Wie ist ein kategorischer Imperativ möglich? 61
- Von der äußersten Grenze aller praktischen Philosophie 63
- Schlussanmerkung 70