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Bauverträge nach der VOB/B
Im Hinblick auf Bauverträge sind ferner die Regeln der VOB/B zu beach-
ten, falls diese vereinbart wurden. Dort enthält §6 VOB/B Sonderregelun-
gen für die Verzögerung des Bauablaufs infolge höherer Gewalt oder
durch Umstände, die dem Risikobereich des Bestellers zuzuordnen sind.
Diese Vorschrift führt ebenfalls zu einer Art „Suspendierungslösung“, in-
dem die vereinbarten Ausführungsfristen während der Dauer der Verzöge-
rung infolge höherer Gewalt verlängert werden. Es ist insoweit lediglich
eine Behinderungsanzeige des Unternehmers erforderlich, d.h. der Bauun-
ternehmer muss dem Bauherrn mitteilen, dass er pandemiebedingt nicht
in der Lage ist, den Bau fortzusetzen. Während dieser Zeit kommt der Un-
ternehmer nicht in Verzug; es fallen keine Vertragsstrafen an (§339 S.1
BGB), und der Unternehmer schuldet mangels Fälligkeit keinen Schadens-
ersatz wegen Verzögerung seiner Leistung. Mangels Fertigstellung und Ab-
nahme wird allerdings auch der Werklohnanspruch nicht fällig. In der Ge-
samtschau bleibt der Vertrag dadurch gewissermaßen in der Schwebe, oh-
ne dass weitere Konsequenzen eintreten. Allerdings können nach §6
Abs.7 VOB/B nach 3 Monaten beide Seiten den Bauvertrag kündigen,
wenn sie nicht mehr länger zuwarten wollen. In diesem Fall wird dann
eine Teilvergütung fällig, die sowohl die bereits erbrachten Leistungen
umfasst als auch dasjenige, was der Bauunternehmer während der Verzö-
gerung zusätzlich aufwenden musste, um sich leistungsbereit zu halten.
Inwieweit die Covid-19-Pandemie einen Fall höherer Gewalt im Sinne
dieser Regelung darstellt bzw. in die Risikosphäre des Unternehmers fällt,
hängt im Einzelfall davon ab, worin die Störung konkret besteht.56 Höhere
Gewalt im Baurecht wird verstanden als „ein betriebsfremdes, von außen
durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen
herbeigeführtes Ereignis, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung
unvorhersehbar ist, mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch die
äußerste nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht
verhütet oder unschädlich gemacht werden kann und auch nicht wegen
seiner Häufigkeit vom Betriebsunternehmen in Kauf zu nehmen ist.“57 Das
wird man im Falle pandemiebedingter Einschränkungen, die den Unter-
nehmer treffen, grundsätzlich bejahen können, weil von einem Bauunter-
nehmer vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, dass er Dispositio-
nen trifft (etwa zusätzliches Personal vorhält oder Material lagert), um
1.
56 Näher Weiser, Coronavirus (Fn.55), S.204f.
57 BGHZ 7, 338 (339). Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht
33
https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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book Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
- Niemand zahlt mehr Miete!? ‑ Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen auf die Pflicht zur Mietzahlung 147
- Aktuelle Probleme im Reiserecht durch die Corona-Krise 175
- Transportrecht in der Corona-Krise 205
- Das Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise 223
- Vertragsrecht in der Corona-KriseCOVInsAG: Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht und die Haftung der Organe 245