Seite - 33 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
Bild der Seite - 33 -
Text der Seite - 33 -
BauvertrÀge nach der VOB/B
Im Hinblick auf BauvertrÀge sind ferner die Regeln der VOB/B zu beach-
ten, falls diese vereinbart wurden. Dort enthÀlt §6 VOB/B Sonderregelun-
gen fĂŒr die Verzögerung des Bauablaufs infolge höherer Gewalt oder
durch UmstÀnde, die dem Risikobereich des Bestellers zuzuordnen sind.
Diese Vorschrift fĂŒhrt ebenfalls zu einer Art âSuspendierungslösungâ, in-
dem die vereinbarten AusfĂŒhrungsfristen wĂ€hrend der Dauer der Verzöge-
rung infolge höherer Gewalt verlÀngert werden. Es ist insoweit lediglich
eine Behinderungsanzeige des Unternehmers erforderlich, d.h. der Bauun-
ternehmer muss dem Bauherrn mitteilen, dass er pandemiebedingt nicht
in der Lage ist, den Bau fortzusetzen. WĂ€hrend dieser Zeit kommt der Un-
ternehmer nicht in Verzug; es fallen keine Vertragsstrafen an (§339 S.1
BGB), und der Unternehmer schuldet mangels FĂ€lligkeit keinen Schadens-
ersatz wegen Verzögerung seiner Leistung. Mangels Fertigstellung und Ab-
nahme wird allerdings auch der Werklohnanspruch nicht fÀllig. In der Ge-
samtschau bleibt der Vertrag dadurch gewissermaĂen in der Schwebe, oh-
ne dass weitere Konsequenzen eintreten. Allerdings können nach §6
Abs.7 VOB/B nach 3 Monaten beide Seiten den Bauvertrag kĂŒndigen,
wenn sie nicht mehr lÀnger zuwarten wollen. In diesem Fall wird dann
eine TeilvergĂŒtung fĂ€llig, die sowohl die bereits erbrachten Leistungen
umfasst als auch dasjenige, was der Bauunternehmer wÀhrend der Verzö-
gerung zusÀtzlich aufwenden musste, um sich leistungsbereit zu halten.
Inwieweit die Covid-19-Pandemie einen Fall höherer Gewalt im Sinne
dieser Regelung darstellt bzw. in die RisikosphÀre des Unternehmers fÀllt,
hÀngt im Einzelfall davon ab, worin die Störung konkret besteht.56 Höhere
Gewalt im Baurecht wird verstanden als âein betriebsfremdes, von auĂen
durch elementare NaturkrÀfte oder durch Handlungen dritter Personen
herbeigefĂŒhrtes Ereignis, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung
unvorhersehbar ist, mit wirtschaftlich ertrÀglichen Mitteln auch durch die
Ă€uĂerste nach der Sachlage vernĂŒnftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht
verhĂŒtet oder unschĂ€dlich gemacht werden kann und auch nicht wegen
seiner HĂ€ufigkeit vom Betriebsunternehmen in Kauf zu nehmen ist.â57 Das
wird man im Falle pandemiebedingter EinschrÀnkungen, die den Unter-
nehmer treffen, grundsÀtzlich bejahen können, weil von einem Bauunter-
nehmer vernĂŒnftigerweise nicht erwartet werden kann, dass er Dispositio-
nen trifft (etwa zusÀtzliches Personal vorhÀlt oder Material lagert), um
1.
56 NĂ€her Weiser, Coronavirus (Fn.55), S.204f.
57 BGHZ 7, 338 (339). Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht
33
https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
zurĂŒck zum
Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der GeschÀftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - SystemerwÀgungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und GlĂ€ubigerrechte in der Corona-Krise âAusweitung oder EinschrĂ€nkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
- Niemand zahlt mehr Miete!? â Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen auf die Pflicht zur Mietzahlung 147
- Aktuelle Probleme im Reiserecht durch die Corona-Krise 175
- Transportrecht in der Corona-Krise 205
- Das Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise 223
- Vertragsrecht in der Corona-KriseCOVInsAG: Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht und die Haftung der Organe 245