Page - 34 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
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selbst die – noch nie dagewesenen – Folgen der Covid-19-Pandemie und
der daraus folgenden behördlichen Maßnahmen abfedern zu können. Et-
was anderes wird man allenfalls dann annehmen können, wenn der Bau-
vertrag nach Bekanntwerden des Überspringens der Pandemie nach
Deutschland abgeschlossen wurde, sodass ein äußerst sorgfältiger Bauun-
ternehmer mit entsprechenden Einschränkungen rechnen konnte. In allen
anderen Fällen pandemiebedingter Störungen auf Seiten des Unterneh-
mers dürfte es sich um höhere Gewalt im Sinne von §6 Abs.2 Nr.1 lit.c
VOB/B handeln.58 Ist die Störung dem Risikobereich des Bestellers zuzu-
ordnen (etwa eine Sperrung der Baustelle durch die Gesundheitsbehörde),
so greift die Regelung gem. §6 Abs.2 Nr.1 lit.b VOB/B ohnehin ein.
Sonstige Werkverträge
Auf reine BGB-Werkverträge ist §6 VOB/B nicht anzuwenden. Vielmehr
ist nach den Regeln des Allgemeinen Leistungsstörungsrechts zu differen-
zieren: Pandemiebedingte Leistungsverzögerungen, die der Unternehmer
bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht durch vor-
sorgliche Dispositionen hätte abwenden können, hat dieser nicht zu ver-
treten. Gemäß §286 Abs.4 BGB kommt er daher nicht in Leistungsverzug,
sodass ebenfalls keine Vertragsstrafen fällig werden (§339 S.2 BGB) und
kein Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung geschuldet ist. Aus
dem gleichen Grund scheidet ein Anspruch des Bestellers auf Schadenser-
satz statt der Leistung nach §281 BGB nach einer fruchtlosen Fristsetzung
aus (§280 Abs.1 S.2 BGB). Typischerweise liegt aber ein Fall vorüberge-
hender Unmöglichkeit vor, sodass der Erfüllungsanspruch des Bestellers
für die Dauer des Leistungshindernisses (z.B. des Betretungsverbots auf der
Baustelle, des Veranstaltungsverbots für Konzertveranstaltungen oder der
Covid-19-Erkrankung des Solokünstlers bei höchstpersönlichen Leistungs-
pflichten59) analog §275 Abs.1 BGB suspendiert ist.
2.
58 Ebenso H. Fuchs/M. Dreher, Bau- und vergaberechtliche Herausforderungen durch
die Corona-Pandemie, NZBau 2020, S.201 (201); Weiser, Coronavirus (Fn.55),
S.205.
59 K. Spenner/B. Estner, Absage von Veranstaltungen wegen des Coronavirus – wer
zahlt?, BB 2020, S.852 (853).
Thomas Riehm
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
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