Page - 36 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
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lich gebundenen Aufenthalt am Zielort gebucht war. Unbeschadet der
Stornobedingungen des jeweiligen Reiseunternehmens ist daher in diesen
Fällen ein Rücktritt nach §323 Abs.2 Nr.2 BGB möglich. Ähnlich dürfte
es bei Werkverträgen über die Erstellung zeitgebundener temporärer Bau-
werke (z.B. eines Messestandes) liegen, wenn absehbar ist, dass der Bauun-
ternehmer diese aus pandemiebedingten Gründen nicht rechtzeitig fertig-
stellen kann (solange die Messe überhaupt noch stattfinden konnte; an-
dernfalls liegt zugleich eine Störung auf Seiten des Bestellers vor, s. dazu
unten E.II).
Ein relatives Fixgeschäft dürfte auch ein Vertrag zwischen einem Veran-
stalter und einem Künstler oder Ensemble über ein Konzert oder eine
sonstige Aufführung63 zu einem bestimmten Termin an einem bestimm-
ten Ort sein, weil eine spätere Nachholung der Veranstaltung durchaus im
naturgesetzlichen Sinne möglich ist;64 typischerweise ist eine Nachfristset-
zung hierfür allerdings nicht sinnvoll, sondern eher das freie Rücktritts-
recht des Veranstalters, wie es sich aus §323 Abs.2 Nr.2 BGB ergibt. Frei-
lich setzt dieses voraus, dass die Leistungserbringung an sich möglich ge-
wesen wäre und die Störung ausschließlich in der Sphäre des Künstlers lag.
Scheitert die Veranstaltung schon daran, dass am vereinbarten Ort zur ver-
einbarten Zeit jegliche Veranstaltung untersagt war, liegt eine Störung auf
Seiten des Bestellers vor (s. dazu E.II).
Folge eines solchen Rücktritts ist, dass der Unternehmer von seiner
Leistungspflicht frei wird, aber zugleich auch seinen Vergütungsanspruch
vollständig verliert; etwa bereits bezahlte Vorschüsse sind nach §346
Abs.1 BGB zu erstatten. Nach der Konzeption des Gesetzes gilt das auch
dann, wenn er mit der Werkleistung bereits begonnen und Aufwendun-
gen getätigt hatte, sofern die erbrachten Teilleistungen für den Kunden
nicht von Interesse sind (§323 Abs.5 S.1 BGB).
Absolute Fixgeschäfte (§§275 Abs.1, 326 BGB)
Bei Werkverträgen sind auch absolute Fixgeschäfte nicht selten, bei denen
die Leistung ihrer Natur nach nur zu einem bestimmten Zeitpunkt er-
bracht werden kann. Soll etwa ein Fotograf im Rahmen eines Werkver-
c)
63 Hierbei handelt es sich i.d.R. um einen Werkvertrag, OLG Köln, MDR 1995, 133;
OLG München NJW-RR 2005, 616; Spenner/Estner, Veranstaltungsabsagen
(Fn.59), S.854.
64 Für absolutes Fixgeschäft allerdings wohl Spenner/Estner, Veranstaltungsabsagen
(Fn.59), S.853.
Thomas Riehm
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
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