Page - 65 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
Image of the Page - 65 -
Text of the Page - 65 -
nen. Dies liegt nicht zuletzt darin begründet, dass die Stärke der Argumen-
tation von Brinkmann mit dem Nichtraucherschutzurteil gerade darin ge-
sucht und gefunden worden ist, dass ein hinreichender Bezug zu Beschaf-
fenheit, Zustand und Lage des Objekts nicht ausgemacht werden könne.
Brinkmann argumentiert, dass manche Gewerbezweige hatten öffnen dür-
fen, andere schließen mussten. Der Bezug sei also die Tätigkeit des Mieters,
nicht die Beschaffenheit des Objekts.70 Weller/Thomale nehmen demgegen-
über den subjektiven Fehlerbegriff als Ausgangsüberlegung ernst und be-
ziehen daher ein, welche Merkmale dem Objekt nach vertraglicher Über-
einkunft ebenfalls anhaften.71 Dies führt dazu, dass in manchen Fällen
durchaus auch ein Mangel zu verneinen sein mag, jedoch wird das klassi-
sche Ladenlokal als solches vermietet worden sein, da es andernfalls schon
nicht zu dem entsprechendem Preis hätte an den Markt gebracht werden
können. Darüber hinaus ist in der Argumentation von Brinkmann nicht
einbezogen, dass zentraler Ansatz der Schließungsverfügungen die persön-
liche Begegnung von Personen auf engem Raum gewesen ist und später so-
gar Unterscheidungen nach Quadratmeterzahlen in den behördlichen Ver-
fügungen vorgenommen worden sind. Selbst wenn es dazu aber nicht ge-
kommen wäre, erscheint die Ablehnung von Brinkmann im Hinblick auf
die Zuweisungen der Gefahrensphären von Zufallsrisiken wenig überzeu-
gend. Umwelteinflüsse und öffentlich-rechtliche Restriktionen sollten
über §536 BGB eine möglichst klare Zuordnung erhalten. Hierfür bietet
Brinkmann allerdings kein ökonomisches und in der Folge auch kein juris-
tisch unmittelbar durchschlagendes Erklärungsmuster an, sondern folgt
vermeintlich dem BGH-Judikat. Demgegenüber stellen Weller/Thomale mit
Recht die Frage, wem im Mietvertragsrecht das wirtschaftliche Risiko jegli-
chen Nutzungsentfalls zuzuweisen sein soll.72 Dabei verbleibt freilich eine
gewisse Beweglichkeit über andere Nutzungsmöglichkeiten von Räumen,
so etwa zur Lagerung oder für einen Versandhandel. Dies dürfte allerdings
nur einen geringen Prozentsatz der Mietminderung zu negieren geeignet
sein.73
70 M. Brinkmann, Miete (Fn.65), C II.
71 M. Weller/C. Thomale, Gewerbemietrecht (Fn.3), S.962ff.
72 M. Weller/C. Thomale, Gewerbemietrecht (Fn.3), S.362 (364f.).
73 Zur Berechnungsproblematik bei Teilnutzbarkeit A. Schall, Geschäftsgrundlage
(Fn.3), S. 388 (389).
Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf Vertragsstörungen?
65
https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
back to the
book Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
- Niemand zahlt mehr Miete!? ‑ Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen auf die Pflicht zur Mietzahlung 147
- Aktuelle Probleme im Reiserecht durch die Corona-Krise 175
- Transportrecht in der Corona-Krise 205
- Das Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise 223
- Vertragsrecht in der Corona-KriseCOVInsAG: Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht und die Haftung der Organe 245