Page - 133 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
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§498 Abs.1 S.2 BGB. Hierzu hat der BGH entschieden, dass das Ge-
sprächsangebot keine Voraussetzung für eine Verzugskündigung ist.147
Das spricht dafür, dass es folgenlos bleibt, wenn die Bank entgegen
Art.240 §3 Abs.4 EGBGB dem Kunden kein Gesprächsangebot unterbrei-
tet.148 Gegen die Auffassung, die Bank könne sich dadurch schadensersatz-
pflichtig machen,149 spricht zudem, dass der Darlehensnehmer dazu bewei-
sen müsste, dass durch das fehlende Gesprächsangebot eine für ihn günsti-
ge Vereinbarung zwischen ihm und der Bank mit einem bestimmten In-
halt nicht zustande gekommen ist. Dies ist praktisch ausgeschlossen.150
Mangels abweichender Vereinbarung verlängert sich die Vertragslauf-
zeit im Rahmen einer gesetzlichen Vertragsanpassung151 gem. Art.240 §3
Abs.5 EGBGB um drei Monate; auch die Fälligkeit der ab dem 1.7.2020
geschuldeten Zahlungen (Zins- und Tilgungsleistungen; Rückzahlung
beim endfälligen Darlehen) verschiebt sich kraft Gesetzes um jeweils drei
Monate. Gem. Art.240 §3 Abs.5 S.3 EGBGB hat der Darlehensnehmer
einen Anspruch auf eine Vertragsabschrift mit den vertraglich oder sonst
gesetzlich geänderten Bedingungen.152
Zu einer kürzeren Verlängerung der Vertragslaufzeit als den im Gesetz
genannten drei Monaten kommt es dann, wenn der Darlehensnehmer die
Zahlungen in bestimmten Monaten vertragsgemäß weiter leistet.153 Dies
kann einmal darauf beruhen, dass der Darlehensnehmer die Leistungen
freiwillig weiter erbringt, wozu er nach Art.240 §3 Abs.1 S.3 EGBGB be-
rechtigt ist, zum anderen darauf, dass die Voraussetzungen für eine gesetz-
liche Stundung nicht während des gesamten Zeitraums vom 1.4. bis zum
30.6.2020 gegeben sein müssen. Letzteres ist der Fall, wenn der Darlehens-
nehmer erst später in Zahlungsschwierigkeiten gerät oder diese vor dem in
Art.240 §3 Abs.1 S.1 EGBGB genannten Zeitraum enden (s.o. II.). Veran-
schaulicht wird dies anhand des Fallbeispiels 4.
147 BGHZ 147, 7 (13) = WM 2001, S.646; Schürnbrand/Weber (Fn. 96), §498 Rn.21.
148 Scholl, Art.240 EGBGB (Fn. 18), S.771; ähnl. Meier/Kirschhöfer, Darlehensverträ-
ge (Fn. 86), S.968.
149 Schmidt-Kessel/Möllnitz, Coronavertragsrecht (Fn. 29), S.1107; Möllnitz/Schmidt-
Kessel (Fn. 13), Art.240 §§1–4 EGBGB Rn.174.
150 Lühmann, Moratorium (Fn. 85), S.1323; Herresthal, Verbraucherdarlehensrecht
(Fn. 92), S.999; vgl. Knops (Fn. 92), §2 Rn.26.
151 BT-Drucks. 19/18110, S.40.
152 Krit. im Hinblick auf eine unverhältnismäßige Belastung des Darlehensgebers
Lühmann, Moratorium (Fn. 85), S.1324.
153 So auch Lühmann, Moratorium (Fn. 85), S.1323; vgl. Die Deutsche Kreditwirt-
schaft, Stellungnahme (Fn. 94), S.4.
Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art. 240 EGBGB
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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book Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
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- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
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