Page - 165 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
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der Entscheidung vielmehr darauf an, ob der staatliche Eingriff im Zusam-
menhang mit der Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Miet-
bzw. Pachtsache steht oder nicht. Mit der Beschaffenheit oder dem Zu-
stand der Miet- bzw. Pachtsache steht eine coronabedingte behördliche
Geschäftsschließung in keinem Zusammenhang.66 Und auch die Argu-
mentation, die coronabedingten Geschäftsschließungen stehen mit der
Lage der Miet- bzw. Pachtsache im Zusammenhang, weil die Sache in
Deutschland oder einen speziellen Bundesland belegen sei, und deshalb in
den örtlichen Anwendungsbereich der Schließungserlasse falle,67 geht
letztlich fehl. Dies folgt ebenfalls bereits aus der vorgenannten BGH-Ent-
scheidung. Denn auch dort hätte man argumentieren können, dass die
Lage der Pachtsache in Rheinland-Pfalz schließlich der Grund war, dass
das dortige Nichtraucherschutzgesetz überhaupt anwendbar gewesen ist.
Daraus, dass der BGH in seiner Entscheidung einen Mangel abgelehnt hat,
ergibt sich, dass er den erforderlichen Zusammenhang zwischen behördli-
cher Einschränkung und der Belegenheit so nicht verstanden wissen woll-
te.
Letztlich liegt aber auch unabhängig davon in den coronabedingten be-
hördlichen Nutzungsbeschränkungen kein „Umfeldmangel“ im Sinne der
Rechtsprechung vor. Umfeldmängel beziehen sich auf Umstände, „die von
außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken“68. Die Nutzungsbeschrän-
kungen wirken allerdings nicht unmittelbar auf die Mietsache ein. Denn
(und das erkennt auch Drygala an) die Schließungsanordnungen beziehen
sich nicht auf das Mietobjekt, sondern auf den verfolgten Geschäftszweck69
– können doch Lebensmittelgeschäfte, Bankfilialen Drogerien, Reinigun-
gen und andere Geschäfte meist geöffnet bleiben.70 Insofern zutreffend
stellt Streyl fest, dass der Vermieter nicht die Überlassung des Betriebs
schuldet, sondern der dazu notwendigen Räume, sodass auch nur rechtli-
che Umstände, die die körperliche Beschaffenheit der Mietsache betreffen
oder die Einfluss auf sie haben, den Leistungserfolg des Vermieters betref-
66 T. Drygala, Corona und ausbleibende Gewerbemieten (Fn.6).
67 So wohl T. Drygala, Corona und ausbleibende Gewerbemieten (Fn.6).
68 BGH NJW 2013, 680 Rn.8.
69 T. Drygala, Corona und ausbleibende Gewerbemieten (Fn.6).
70 Vgl. für NRW etwa www.land.nrw/de/wichtige-fragen-und-antworten-zum-coron
a-virus?from=mid1#0a57cfbb (zuletzt abgerufen am 21.04.2020).
Niemand zahlt mehr Miete!?
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
- Niemand zahlt mehr Miete!? ‑ Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen auf die Pflicht zur Mietzahlung 147
- Aktuelle Probleme im Reiserecht durch die Corona-Krise 175
- Transportrecht in der Corona-Krise 205
- Das Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise 223
- Vertragsrecht in der Corona-KriseCOVInsAG: Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht und die Haftung der Organe 245