Page - 166 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
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fen.71 Das ist mit Blick auf die Beschränkungen durch die Corona-Erlasse
grds. jedoch nicht der Fall.72
Anders als Drygala geht LĂĽtzenkirchen davon aus, dass die coronabeding-
ten behördlichen Nutzungsbeschränkungen keinen Mangel der Gewerbe-
räume i.S.d. §536 Abs.1 BGB darstellen.73 Auch er geht dabei im Aus-
gangspunkt davon aus, dass die Einschränkung der Nutzbarkeit infolge be-
hördlichen Einschreitens zu einem Mangel führen kann.74 Der Umstand,
dass ein Mieter sein Geschäft nicht mehr oder nur noch eingeschränkt öff-
nen darf, könne die Voraussetzungen eines „sog. öffentlich-rechtlichen
Mangels“ erfüllen.75 Indes scheitere die Annahme eines zur Minderung be-
rechtigenden Mangels nach LĂĽtzenkirchen letztlich daran, dass die Ge-
brauchsbeeinträchtigung nicht aus dem Risikobereich des Vermieters, son-
dern aus dem Risikobereich des Mieters stamme.76 Denn der Vermieter
trage nur das Risiko für den baulichen Zustand, während der Mieter das
Verwendungsrisiko trage, zu dem das Risiko mit dem Mietobjekt Gewinne
erzielen zu können, gehöre.77 Im Ergebnis dürfte Lützenkirchen zuzustim-
men sein: Die coronabedingten behördlichen Nutzungsbeschränkungen
begründen keinen Mangel i.S.d. §536 Abs.1 BGB.78 Zwar ist auch Lützen-
kirchens Definition des öffentlich-rechtlichen Mangels nicht von den Urtei-
len gedeckt, auf die er diesbezĂĽglich verweist.79 Aber in diesen Entschei-
dungen wird der Mangel wegen öffentlich-rechtlicher Gebrauchsbeein-
trächtigungen ebenfalls ausdrücklich auf solche Fälle beschränkt, in denen
die Beeinträchtigungen auf der Beschaffenheit der Sache beruht.80 Dies
entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des BGH.81 Und mit Blick
71 E. Streyl, COVID 19 (Fn.49), §3 Rn.68.
72 Das gilt im Ăśbrigen sowohl fĂĽr die Lage vor dem 20.4.2020, als auch fĂĽr die seit
diesem Tag geltenden Beschränkungen für Geschäfte mit über 800qm Verkaufs-
fläche etwa nach der CoronaSchVO NRW in der bereinigten Fassung vom
17.04.2020, abrufbar unter: www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/202
0-04-17_coronaschvo_in_der_ab_20.04.2020_geltenden_fassung.pdf (zuletzt
abgerufen am 21.04.2020).
73 K. LĂĽtzenkirchen, Auswirkungen der Corona-Pandemie (Fn.12), S. 1.
74 K. LĂĽtzenkirchen, Auswirkungen der Corona-Pandemie (Fn.12), S. 1.
75 K. LĂĽtzenkirchen, Auswirkungen der Corona-Pandemie (Fn.12), S. 1.
76 K. LĂĽtzenkirchen, Auswirkungen der Corona-Pandemie (Fn.12), S. 1.
77 K. LĂĽtzenkirchen, Auswirkungen der Corona-Pandemie (Fn.12), S. 1.
78 So i.E. auch A. Schall, Corona-Krise: Unmöglichkeit und Wegfall der Geschäfts-
grundlage bei gewerblichen Miet- und Pachtverträgen, JZ 2020, S.388 (389).
79 Nämlich: BGH MDR 1980, 306; OLG Düsseldorf ZMR 2011, 685 und ZMR
1993, 275.
80 BGH MDR 1980, 306; OLG DĂĽsseldorf ZMR 2011, 685.
81 Vgl. BGH BeckRS 1971, 31126177 I.2.a).
Jonas David Brinkmann
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
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