Page - 177 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
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Haftung des Reiseveranstalters
Rechte auf Abhilfe, Rücktritt, Minderung und Schadensersatz
Naheliegend wäre es, den Reiseveranstalter, der für die Reise verantwort-
lich ist, falls er, wie meist, im Rahmen seines Pflichtenprogramms auch die
Beförderung schuldet, auf diese Mehrkosten in Anspruch zu nehmen.
Wird allerdings der Reisende selbst unter Quarantäne gestellt, scheidet
dies von vornherein aus, weil dann die vertragsgemäße Leistung des Reise-
veranstalters nicht betroffen ist. Er bietet seine Leistung vielmehr fehlerfrei
an; wenn der Reisende aus persönlichen Gründen sie nicht anzunehmen
vermag, begründet dies keine Ansprüche gegen den Veranstalter.1 Besten-
falls kann der Reisende in diesem Fall hoffen, dass ihm nach dem öffentli-
chen Recht des anordnenden Staates ein Entschädigungsanspruch zusteht,
der ihm den Ersatz seiner Kosten gestattet. Ebenfalls kein Mangel der Rei-
se ist gegeben, wenn An- und Abreise in der Verantwortlichkeit des Rei-
senden selbst stehen. Hat sich der Veranstalter zu deren Durchführung
nicht verpflichtet, liegen etwaige Erschwerungen oder Ausfälle außerhalb
seines Gefahrenbereichs, so dass der Urlauber abseits von §651q BGB2 kei-
ne Rechte gegen den Reiseveranstalter herleiten kann.
Das Vorliegen eines Reisemangels nach §651i Abs.1, Abs.2 S.1 BGB
steht allerdings außer Frage, wenn ein Teil der vereinbarten Reiseleistung
nicht zur Durchführung gelangt.3 Dies gilt auch für den geschuldeten
Rückflug, wenn dieser überhaupt nicht oder jedenfalls nicht zu dem Zeit-
punkt, zu dem er vereinbart war,4 ausgeführt wird.5 In der Konsequenz
entstehen für den Reisenden die Ansprüche aus §651i Abs.3 BGB. Das auf
Abhilfe gem. §651i Abs.3 Nr.1i.V.m. §651k Abs.1 BGB gerichtete Recht
nützt ihm aber ebenso wenig wie die Möglichkeit, nach §651i Abs.3
Nr.2i.V.m. §651k Abs.2 BGB selbst Abhilfe zu schaffen. Kann der Rück-
I.
1.
1 Siehe auch zur Anwendung von §326 Abs.2 S.1 BGB auf die Fälle des Reiseab-
bruchs: W. Ernst, in: F. J. Säcker/R. Rixecker/H. Oetker/B. Limperg (Hrsg.), Mün-
chener Kommentar zum BGB, Bd. 3, 8.Aufl. München 2019, §326 Rn.72; C. Her-
resthal, in: B. Gsell/W. Krüger/S. Lorenz/C. Reymann (Hrsg.), beckonline.Gross-
kommentar zum Zivilrecht, 2020, §326 BGB Rn.249.
2 Siehe zum Anwendungsbereich: C. Sorge, in: B. Gsell/W. Krüger/S. Lorenz/C. Rey-
mann (Hrsg.), beckonline.Grosskommentar zum Zivilrecht, 2020, §651q BGB,
Rn.45ff.
3 BGHZ 97, 255 (258ff.).
4 Vgl. auch BGH NJW 2014, 1168 (1169); NJW 2014, 3721 (3721f.).
5 Siehe zur Kasuistik: E. Führich, in E. Führich/A. Staudinger (Hrsg.), Reiserecht,
8.Aufl. München 2019, Anh. zu §21 Rn.16ff.
Aktuelle Probleme im Reiserecht durch die Corona-Krise
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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book Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
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