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der bei Fehlern nach §651i BGB auf Grund der Mangelrechte hierfür ein-
zustehen hat. Es ist deshalb angezeigt, dem Reiseveranstalter den Lohn
vollends zu versagen, wenn der Kunde wegen solcher Umstände, die an-
sonsten einen Mangel begründen würden, den Rücktritt schon vor Beginn
der Reise erklärt.62 Maßnahmen, die nach der Rückkehr des Reisenden an
seinen Heimatort eintreten, fallen dagegen in dessen Risikobereich. Ob
der Reisende später einer Quarantäne unterliegt, steht außerhalb des Ein-
flussbereichs des Reiseveranstalters. Er muss hierfür auch nicht objektiv
einstehen, weil er lediglich die Erbringung der Reise als solche verspro-
chen hat, nicht aber auch dafür garantiert, dass der Reisenden im späteren
Verlauf keine Nachteile befürchten muss. Die Reise ist mit der Rückbeför-
derung abgeschlossen, weshalb auch die Einstandspflicht des Reiseveran-
stalters in diesem Moment endet. Es ist daher geboten, Aspekte, die die
Durchführung der Reise selbst nicht betreffen, im Rahmen des Rücktritts
vor Reisebeginn unberücksichtigt zu lassen und somit dem Reiseveranstal-
ter einen Anspruch auf angemessene Entschädigung nach §651h Abs.1
S.3 BGB zu gewähren. Die Ausnahmevorschrift des §651h Abs.3 BGB,
die als solche zwar nicht generell analogieunfähig,63 aber im Allgemeinen
eng zu verstehen ist,64 darf auf diese Konstellation nicht erstreckt werden.
Drohen dem Reisenden erst Einschränkungen nach Abschluss der Pau-
schalreise, verbleibt es bei den allgemeinen Regeln, so dass eine Kündi-
gung des Reisenden eine Entschädigungspflicht zu Gunsten des Reisever-
anstalters auslöst.
62 So im Ergebnis auch Harke (Fn. 8), §651h Rn.45, der davon ausgeht, eine Erheb-
lichkeit bestehe erst, wenn der Reisende den Reisepreis um wenigstens 50% min-
dern könne.
63 Meier/Jocham, Rechtsfortbildung (Fn. 61), JuS 2016, 392 (395); F. Rosenkranz, Die
Auslegung von „Ausnahmevorschriften“, JURA 2015, 783 (787); D. Schneider, Sin-
gularia non sunt extendenda, JA 2008, 174ff.; M. Würdinger, Ausnahmevorschrif-
ten sind analogiefähig!, JuS 2008, 949.
64 Dazu M. Würdinger, Die Analogiefähigkeit von Normen. Eine methodologische
Untersuchung über Ausnahmevorschriften und deklaratorische Normen, AcP 206
(2006), 946 (960f.). Aktuelle Probleme im Reiserecht durch die Corona-Krise
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
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