Page - 254 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
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die Masse gelangende Gegenleistung grundsätzlich nach Liquidationswer-
ten zu bemessen14.
Die Haftung des Geschäftsführers ist nicht allein deshalb ausgeschlos-
sen, weil eine Sanierung beabsichtigt ist. Der BGH forderte bislang im
Rahmen von §64 Satz2 GmbHG eine konkrete Chance auf Sanierung und
FortfĂĽhrung. Die Sanierungsabsicht allein entschuldige Zahlungen nach
Insolvenzreife nicht15.
Hinter diesen Anforderungen bleibt die Regelung im COVInsAG zu-
rück. Nach §2 Abs.1 Nr.1 COVInsAG gelten Zahlungen, die im ord-
nungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen,
die der Aufrechterhaltung und Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes
oder der Umsetzung eines Sanierungskonzeptes dienen, als mit der Sorg-
falt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar. Es
ist lediglich noch gefordert, dass die Zahlung der „Umsetzung eines Sanie-
rungskonzeptes“ dient. Es muss sich weder um eine konkrete Chance auf
Sanierung handeln noch muss das Sanierungskonzept aussichtsreich sein.
Geltendmachung durch den Insolvenzverwalter
Der Insolvenzverwalter wird im Falle des Scheiterns der Sanierung und
der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Aussicht auf Erfolg einen An-
spruch gem. §64 Satz1 GmbHG geltend machen können, wenn ihm der
Nachweis gelingt, dass schon keine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
gem. §1 COVInsAG gegeben war. Dazu könnte der Insolvenzverwalter z.
B. vortragen und beweisen, dass der Schuldner bereits vor dem 31. Dezem-
ber 2019 zahlungsunfähig war. Weiterhin könnte der Insolvenzverwalter
vortragen und beweisen, dass keine Aussichten darauf bestanden, eine be-
stehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Sofern dem Insolvenzverwal-
ter dieser Nachweis gelingt, ist per se §2 Abs.1 COVInsAG ausgeschlos-
sen.
Ist der Geltungsbereich von §1 COVInsAG indes eröffnet, kann der In-
solvenzverwalter gleichwohl den Geschäftsführer mit Aussicht auf Erfolg
in Anspruch nehmen, wenn es sich um Zahlungen handelte, die nicht der
4.
14 So BGH, Urteil vom 4. Juli 2017 – II ZR 319/15, ZIP 2017, 1619ff. = NZI 2017,
809ff. mit Anm. J. Schädlich.
15 So BGH, Beschluss vom 24. September 2019 – II ZR 248/17, NZI 2020, 180ff. mit
Anm. A. J. Baumert = DStR 2020, 179ff.; BGH, Urteil vom 4. Juli 2017 – II ZR
319/15, ZIP 2017, 1847ff.; BGH, Beschluss vom 7. Februar 2007 – II ZR 51/06,
ZIP 2007, 1501ff.
Jens M. Schmittmann
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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book Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
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- Aktuelle Probleme im Reiserecht durch die Corona-Krise 175
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- Das Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise 223
- Vertragsrecht in der Corona-KriseCOVInsAG: Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht und die Haftung der Organe 245