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Der Weg ins Freie
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»Sie müssen sich aber recht einsam gefühlt haben«, sagte Frau Ehrenberg. »Das Alleinsein kommt einem allerdings etwas deutlicher zu Bewußtsein, wenn sich niemand in der Nähe befindet, der das Bedürfnis markiert, mit einem reden zu wollen… Aber sprechen wir doch lieber von interessanteren und hoffnungsvollern Menschen, als ich es bin. Wie befinden sich die zahlreichen Freunde Ihres so beliebten Hauses?« »Freunde!« wiederholte Else, »da müßte man doch erst wissen, wen Sie darunter verstehen.« »Nun, alle Leute, die Ihnen aus irgendeinem Anlaß Angenehmes sagen und denen Sie es glauben.« Die Schlafzimmertür tat sich auf, Herr Ehrenberg erschien und begrüßte Nürnberger. »Hast du schon fertig gepackt?« fragte Else. »Fix und fertig«, antwortete Ehrenberg, der einen viel zu weiten grauen Anzug anhatte und eine große Zigarre mit den Zähnen festhielt. Erklärend wandte er sich an Nürnberger. »Wie Sie mich da sehen, fahr ich heute nach Korfu… vorläufig. Die Saison fangt an, und vor die Jours im Haus Ehrenberg is mir mieß.« »Es verlangt ja niemand«, erwiderte Frau Ehrenberg mild, »daß du sie mit deiner Gegenwart beehrst.« »Gut gibt sie das«, sagte Ehrenberg und dampfte. »Auf deine Jours möcht’ ich natürlich verzichten. Aber wenn ich grad an einem Donnerstag ruhig zu Haus nachtmahlen möcht, und es sitzt in der einen Ecke ein Attaché, in der andern ein Husar, und dorten spielt einer seine eigenen Kompositionen zuguten vor, und auf’m Divan hat einer Esprit, und am Fenster verabredet die Frau Oberberger ein Rendezvous, mit wem sich’s trefft… so macht mich das nervös. Einmal vertragt mans, ein anderes Mal nicht.« »Gedenken Sie den ganzen Winter fortzubleiben?« fragte Nürnberger. »Es wär’ möglich. Ich hab nämlich die Absicht weiter zu fahren, nach Ägypten, nach Syrien, wahrscheinlich auch nach Palästina. Ja, vielleicht ist es nur, weil man älter wird, vielleicht weil man soviel vom Zionismus liest und dergleichen, aber ich kann mir nicht helfen, ich möcht Jerusalem gesehen haben, eh ich sterbe.« Frau Ehrenberg zuckte die Achseln. »Das sind Sachen«, sagte Ehrenberg, »die meine Frau nicht versteht, – und meine Kinder noch weniger. Was hast du davon, Else, du auch nicht. Aber wenn man so liest, was in der Welt vorgeht, man möcht selber manchmal 52
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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