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Der Weg ins Freie
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»Nun, warum tun Sie es also nicht?« Heinrich blieb stehen, und mit zusammengepreßten Zähnen stieß er hervor: »Sagen Sie, lieber Georg, sollten Sie wirklich noch nicht bemerkt haben, daß ich feig bin?« »Ach das nennt man doch nicht feig.« »Nennen Sie’s, wie Sie wollen. Worte stimmen ja nie ganz – je präziser sie sich gebärden, umso weniger. Ich weiß, wie ich bin. Nicht um die Welt fahr ich hin. Lächerlich auch noch? Nein, nein, nein… « »Also was werden Sie tun?« Heinrich zuckte die Achseln, als ginge ihn die Sache doch eigentlich nichts an. Etwas geärgert, fragte Georg wieder: »Wenn Sie mir eine Bemerkung erlauben, was sagt denn die… Hauptbeteiligte?« »Die Hauptbeteiligte, wie Sie sie mit infernalischem, aber unbewußtem Witz nennen, weiß vorläufig nichts davon, daß ich anonyme Briefe bekomme.« »Haben Sie die Korrespondenz mit ihr abgebrochen?« »Was fällt Ihnen ein? Wir schreiben uns täglich, nach wie vor; sie mir die zärtlichsten und verlogensten Briefe, ich ihr die gemeinsten, die Sie sich vorstellen können, – unaufrichtig, hinterhältig, marternd bis aufs Blut.« »Hören Sie, Heinrich, Sie sind wahrhaftig kein sehr edler Charakter.« Heinrich lachte laut auf. »Nein, edel bin ich nicht, dazu bin ich offenbar nicht auf die Welt gekommen.« »Und wenn man bedenkt, daß es am Ende lauter Verleumdungen sind!« Georg, für seinen Teil, zweifelte natürlich nicht, daß die anonymen Briefe die Wahrheit enthielten. Trotzdem wünschte er ehrlich, daß Heinrich an Ort und Stelle reiste, sich selbst überzeugte, irgend etwas unternähme, jemanden ohrfeigte oder niederschösse. Er stellte sich Felician in einem ähnlichen Falle vor, oder Stanzides, oder Willy Eißler. Alle hätten sich besser benommen, oder wenigstens anders, und gewiß in einer ihm sympathischern Art. Plötzlich fuhr ihm die Frage durch den Kopf, was er wohl täte, wenn Anna ihn hinterginge. Anna, ihn?!… War das überhaupt möglich? Er dachte an den Blick von heut Abend, den neugierig dunkeln, den sie hinüber zu Demeter Stanzides gesandt hatte. Nein, der bedeutete nichts, das war gewiß. Und die alten Geschichten mit Leo und dem Gesangsmeister? Die waren harmlos, kindisch beinah. Aber etwas anderes, vielleicht bedeutungsvolleres, fiel ihm ein. Einer seltsamen Frage erinnerte er sich, die sie an ihn gestellt, als sie sich 122
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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