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Der Weg ins Freie
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»Es geht ihm doch besser?« »Nein, es geht ihm gar nicht gut. Er ist so schwach. Man würde mir natürlich keinen direkten Vorwurf machen. Aber ich… ich kann die Mutter jetzt nicht allein lassen, wegen so eines Ausfluges.« Er zuckte die Achseln, ein wenig verletzt über die Bezeichnung, die sie gewählt hatte. »Und sag einmal aufrichtig«, fügte sie wie scherzend hinzu, »liegt dir denn gar so viel dran?« Er schüttelte den Kopf, schmerzlich beinahe. Aber er fühlte, daß auch diese Geste der Aufrichtigkeit entbehrte. »Ich versteh dich nicht, Anna«, sagte er schwächer, als er gewünscht hätte. »Daß so ein paar Wochen des Fern- voneinander-seins, daß die… Ja ich weiß gar nicht, wie ich’s nennen soll… Es ist ja, als hätte man sich verloren. Ich bin’s doch, Anna, ich bin’s doch… «, wiederholte er heftig aber müd. Er saß auf dem Sessel vor dem Pianino. Er nahm ihre Hände, führte sie an die Lippen, zerstreut und ein wenig erregt. »Wie war’s denn in Tristan?« fragte sie. Beflissen berichtete er von der Vorstellung, verschwieg auch seinen Besuch in der Ehrenbergschen Loge nicht, sprach von all den andern Menschen, die er gesehen, und bestellte ihr die Grüße von Heinrich Bermann. Dann zog er sie zu sich auf die Knie und küßte sie. Als er sein Antlitz von dem ihren entfernte, sah er Tränen über ihre Wangen rinnen. Er spielte den Befremdeten. »Was hast du denn, Kind… ? Ja warum denn, warum… « Sie erhob sich, trat zum Fenster, das Gesicht von ihm abgewandt. Nun stand er auf, etwas ungeduldig, ging ein paarmal im Zimmer auf und ab, trat endlich zu ihr, drängte sich nah an sie und begann wieder, unvermittelt, hastig: »Anna! Überleg dir’s, ob du nicht doch mit mir fahren könntest! Es wäre alles so anders, als hier. Man könnte sich aussprechen. Wir haben über so wichtige Dinge zu reden. Ich brauch ja auch deinen Rat; wegen meiner Entschlüsse für das nächste Jahr. Ich hab dir ja geschrieben, nicht wahr? Es ist also sehr wahrscheinlich, daß man mir schon in den nächsten Tagen einen dreijährigen Vertrag zur Unterschrift vorlegen wird.« »Was soll man da raten?« sagte sie. »Du wirst schließlich am besten wissen, ob du dich dort wohlfühlst, oder nicht.« Er begann zu erzählen, von dem liebenswürdigen und begabten Intendanten, der ihn offenbar als Mitarbeiter heranzuziehen wünschte, von dem sympathischen, alten Kapellmeister, der einmal so berühmt gewesen war, von irgendeinem sehr klein geratenen Bühnenarbeiter, den man Alexander den Großen nannte, von einer jungen Dame, mit der er die Micaela studiert 296
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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