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18 A. Kontexte, Aspekte, Kommentare
des mit rücksichtsloser Härte vorgegangenen Statthalters von Judäa, Lusius Quietus,
ihrer Hinrichtung entkommen. Wie Graetz betont, wurde dieses »denkwürdig-freudige
Ereignis« als »Trajanstag« (»Jom Tirjanus«) in den jüdischen Festkalender aufgenom-
men.7 Das Datum des 12. Adar wird dann in Weisls Roman Der Anfang der Wandlung
Israels eine vieldeutige Rolle spielen (S. 31, 143, 156, 259, 270, 272 ff.).
Der nächste und letzte jüdische Aufstand gegen die Römer (»Zweiter Jüdischer
Krieg«) brach 132 n.
Chr. unter Führung Simon Bar Kochbas aus, unterstützt von dem
einflussreichen Rabbi Akiba ben Josef, der ihn als »Sternensohn«, als langersehnten
»Erlöser«, als »Messias« und sogar »König« der Juden ausrief. Nach Anfangserfolgen
mit der Eroberung Jerusalems verlor Bar Kochba letztlich aber die Entscheidungs-
schlacht gegen die zahlenmäßig weit überlegenen Römer unter dem Kommando von
Sextus Julius Severus, den Kaiser Hadrian eigens von Britannien nach Judäa zur Nie-
derwerfung des jüdischen Aufstands abberufen hatte. Jerusalem wurde vollständig
zerstört. Die überlebenden Juden zogen sich mit Bar Kochba auf die zehn Kilome-
ter südwestlich der Stadt gelegene Bergfestung Betar zurück, die ein Jahr später, 135
n. Chr., von den Römern eingenommen wurde. Bar Kochba kam bei der Verteidigung
der Festung ums Leben, Rabbi Akiba wurde hingerichtet. Die Zerstörung der letzten
Reste eines größeren, geschlossenen jüdischen Siedlungsgebiets in der römischen Pro-
vinz Judäa löste dann die eigentliche, bis ins 20. Jahrhundert andauernde Diaspora der
Judenheit aus.
Alle in Weisls Schauspiel namentlich genannten historischen Hauptfiguren finden
sich in Heinrich Graetz’ Geschichte der Juden : neben Rabbi Akiba sein Gegenspieler
Elischa ben Abuja, genannt »Acher«, der Andere, als Personifikation gnostischer (»heid-
nischer«) Abtrünnigkeit vom überlieferten, sakrosankten jüdischen Gesetz und schließ-
lich Handlanger der Römer bei der Verfolgung der Juden8 ; Rabbi Josua ben Chananja,
»der Mann der goldenen Mitte«, der friedfertige Gefährte Bar Kochbas und mahnende
Bewahrer der alttestamentarischen Gesetzgebung, der sich selbst der »Sternensohn«
unterwerfen müsse.
Eine herausragende, freilich problematische Sonderrolle spielt in Weisls Drama die
Figur des Barnabas, der als christlicher Bischof von Jerusalem auftritt. Im Gegensatz
zu den genannten anderen realhistorischen Figuren handelt es sich bei ihm um eine
fiktive, anachronistische Kreation, in der von Weisl
– ob bewusst oder unbewusst
– zwei
historische Christen gleichen Namens miteinander gekreuzt werden : einerseits ein
ca. 60 n. Chr. verstorbener Angehöriger der Urchristengemeinde Jerusalems, der ge-
7 Heinrich Graetz : Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Bd. 4. Leipzig :
Leiner 1908, S.
125.
8 Ebda, S.
93, 97, 135
f.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Title
- Wolfgang von Weisl
- Subtitle
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Editor
- Dietmar Goltschnigg
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 362
- Category
- Biographien
Table of contents
- Vorwort 7
- Abkürzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- Einbürgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355