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Der Anfang der Wandlung Israels 157
wieder ins Leere. Mit langen Sprüngen hetzt der Bote durch die Abenddämmerung
hinĂĽber zur holprigen FahrstraĂźe, zum Dorf.
Schüsse knattern auf. Knallen zankend gegen die Bergwände, rufen die Verteidiger
Metullas aus den Häusern auf die Straße. Schweißbedeckt rennt der Mann zu ihnen,
hält mit keuchendem Atem vor Eldad : »Tel Chai ist geräumt, wir halten Kfar Giladi.
Ihr sollt bis zum Äußersten weiterkämpfen, ist Trumpeldors letzter Befehl. Heute früh
haben wir ihn begraben …«
Der Bote sieht seine Kameraden nicht an. Ohne sich um sie zu kĂĽmmern, mit ge-
senkten Augen, geht er ins Haus. Setzt sich an den Tisch. Schenkt Tee in eine Tasse.
Trinkt. Nimmt dann sein Gewehr, das beim Kriechen auf dem Lehmboden ver-
schlammt worden ist, und beginnt es zu putzen.
Auf den Schneehängen des Hermon lag letzte Abendröte, und in den Schrunden des
kahlen Gebirgsmassivs wuchteten die schweren, blauschwarzen Schatten der sinkenden
Nacht. Spärliche Feuer glommen von den arabischen Lagern im Sumpfland der Jordan-
quellen her. Das Dorf lag dunkel. Eine einzige Petroleumlampe brannte im kahlen Leh-
rerzimmer der Schule, wo der Arbeiter Elieser Danon aus Kfar Giladi seine Kameraden
vom Tode Trumpeldors erzählte.
Danon sprach schwer, trocken, mit eisernem Hass in der Stimme. Sie war so leise,
so erstickt, dass sie oft an den Satzenden unhörbar verraschelte, wie Sand nachrieselt,
einem Stein, den ein Pferdehuf klirrend aus seinem Bett geschleudert hat.
Schweigend hörten die Genossen zu, während er berichtete. Dass man vorgestern
früh in Kfar Giladi Schüsse auf Tel Chai hörte. Dass Trumpeldor mit acht Kameraden in
SchĂĽtzenkette von Kfar Giladi nach Tel Chai lief und dort den Wirtschaftshof von Auf-
ständischen umringt fand. Kemmel Effendi aus Khalsa war mit drei Offizieren des Emirs
Faisal gekommen, wollte das Haus durchsuchen, ob nicht die Juden dort französische
Offiziere versteckt hielten. Trumpeldor lieĂź Kemmel Effendi mit vier Mann ins Haus.
Danon hielt den Atem an, setzte ab. Mit verbissenen Zähnen sah Eldad zu den zwei
Kameraden hin, die geraten hatten, Metulla zu übergeben. Wie wäre es uns in Metulla
ergangen, hätte ich dem Ibrahim Beg vertraut, dachte er.
Danon sprach weiter, mit eintöniger Stimme, die sich nicht hob und nicht senkte,
aber voll war von Durst nach Rache : »Trumpeldor ließ den Effendi ins Haus – er war
schon frĂĽher dort gewesen, galt als Judenfreund. Mit vier Mann stieg der Araber in den
Oberstock, wo die Mädchen waren, Debora, Sarah, Schari. Da begannen die Araber von
draußen in den Hof zu strömen ; Trumpeldor lief zum Tor, wo Tucker stand … Ihr wisst,
Tucker … schrie : ›Feuer‹, Tucker schoss, tötete den Vetter Kemmel Effendis. Kemmel
schoss die Mädchen nieder, warf eine Handgranate. Tucker fiel. Die Araber schossen
von allen Seiten in den Hof. Trumpeldor stĂĽrzte nieder, ĂĽbergab das Kommando. Man
trieb die Aufständischen im Nahkampf aus dem Gehöft, besetzte die Mauern. Kämpfte.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Title
- Wolfgang von Weisl
- Subtitle
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Editor
- Dietmar Goltschnigg
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 362
- Category
- Biographien
Table of contents
- Vorwort 7
- AbkĂĽrzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- EinbĂĽrgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355