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Der Anfang der Wandlung Israels 251
Aber er war unzufrieden. Die schmeichelhaftesten Artikel der Kairoer Presse genĂĽg-
ten ihm nicht. Wenn man den Titel eines FĂĽrsten kaufen kann, dann muss man doch
auch imstande sein, die Macht eines FĂĽrsten zu erwerben. Wenn der alte, geldgierige
Halunke in Mekka sich zum König des heiligen Landes der Mohammedaner hatte auf-
werfen können, obwohl niemand auf der Welt vor ihm auch nur den geringsten Respekt
hatte – warum sollte er, der Millionär, der gebildete Europäer oder Fast-Europäer, der
Emir von Hedschas und Freund des ägyptischen Königs132, nicht König des Heiligen
Landes der Christen werden können ? Und vielleicht auch gleich König des Libanon,
der ja eine christliche Mehrheit hat ?
Wer hindert ihn eigentlich daran ? Wer ? Den Engländern würde das ziemlich gleich-
gültig sein. Die Franzosen müssen tun, was England von ihnen verlangt. Die Juden –
pah ! Was können schon die Juden tun, wenn die Araber sich ernsthaft gegen sie wen-
den ! Ins Meer kann man sie werfen, ins Meer … Dazu gehört nur etwas Geld. In einer
Zeit, da man alles fĂĽr Geld kaufen kann, wird man doch auch eine Krone eines Zwerg-
staates um Geld kaufen können. Um mehr Geld, als die Juden haben.
Der Pascha rief seinen Sohn Georges und setzte ihm auseinander, dass er nach Pa-
lästina fahren und die arabischen Führer über den Verlust der Waffensendungen trösten
müsse. Der Aufstand gegen die Juden müsse unter allen Umständen ausbrechen. Rasch,
ehe noch die Juden wesentlich stärker geworden sind und ehe sich die Endländer ihnen
gegenĂĽber zu sehr verpflichtet haben wĂĽrden.
Georges war nicht begeistert davon, in das barbarische Palästina zu reisen, wo man
nicht einmal anständig essen und trinken kann. Aber er gehorchte. Er bestellte sein
Abteil im Schlafwagen Kairo – Jerusalem, verständigte seine kleine Freundin, dass er
verreisen mĂĽsse, und fand sich als pflichteifriger Sohn zum Abschiedsvortrag im Ar-
beitszimmer seines Vaters ein, um neben den letzten Ermahnungen den ersten Scheck
des Alten entgegenzunehmen. Der Pascha hatte gerade mit der englischen Residenz
telefoniert, war glänzend aufgelegt und belehrte seinen Stammhalter darüber, dass man
mit einem netten Pogrom gegen die Juden gerade den Briten den wichtigsten Dienst
erweise. Solange die Juden in Palästina sitzen, können nämlich die Engländer nicht die
Franzosen aus Syrien hinausekeln. Und das ist es ja, was sie am sehnlichsten wollen.
Farughi Pascha erfuhr erst viele Wochen später die richtige Tatsache, dass der Trans-
port gestohlen war. Erfuhr aber nie, dass der Kommandant von Akaba daran Schuld
trug und dass es die Juden waren, die Gewehre bekommen hatten. Er tröstete sich über
die kleine Schlappe ; er vermutete, dass die Waffen in die Hände von Beduinen geraten
seien, die – mit Gottes Hilfe – sie einmal gegen England verwenden würden. Immer-
hin musste man die Freunde in Palästina ermutigen und trösten. So entschloss sich der
132 Ahmad Fuad I. Pascha (1868–1936) : 1917–1922 Sultan, danach König von Ägypten.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Title
- Wolfgang von Weisl
- Subtitle
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Editor
- Dietmar Goltschnigg
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 362
- Category
- Biographien
Table of contents
- Vorwort 7
- AbkĂĽrzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- EinbĂĽrgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355