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Seiten der Araber ! Pogrom ! Davon schwätzt seit den kleinen, unbedeutenden Unruhen
vom letzten April Jabotinsky, weil er seine Legion wiederhaben will – davon redest du,
weil du dich wichtigmachen willst mit deinem Metulla. Die Araber werden mit uns
gehen, wenn wir sie für den internationalen Sozialismus gewinnen. Das ist ein sichererer
Weg als Masseneinwanderung !«
Eldad zuckte die Achseln. Kazprin sah das, verlor den Rest seiner Selbstbeherr-
schung : »Und wenn es Unruhen geben sollte, dann haben wir die Engländer im Lande,
die uns besser beschützen werden als hunderttausend deiner Kleinbürger.«
»Ich verstehe, Herr Kazprin ! Ihre sozialistische Ideologie ist vollkommen klar : Jü-
dische Militaristen sind schlecht – jedoch englischer Militarismus ist vortrefflich. Aber
was wird sein, wenn die englischen Militaristen keine Lust haben sollten, für ein jüdi-
sches Nationalheim und jüdische sozialistische Einwanderung gegen arabische Prole-
tarier zu kämpfen ?«
Mit großartiger Handbewegung fegte Kazprin dieses Argument hinweg, wie eine
Mücke, die zu verscheuchen keines ernsthaften Schlages wert ist. »Sie, Herr Schu’al, Sie
allerdings mögen an Englands Mandatstreue zweifeln, obwohl gerade Sie durch briti-
sche Bajonette vor dem Tod unter arabischen Messern gerettet worden sind ! Aber ich
und meine Gesinnungsgenossen, wir vertrauen auf Britanniens Macht. Wir vertrauen
auf den Völkerbund. Wir vertrauen auf die europäische Gesittung. Wir vertrauen auf
das völkervereinende Ideal des Sozialismus. Wir vertrauen auf die Macht des Geistes
und der Geistigkeit und nicht auf Bajonette und Machtpolitik. Wir vertrauen darauf,
dass England uns desto entschlossener helfen wird, je klarer die ethischen und sozialen
Grundlagen unseres zionistischen und sozialistischen Strebens zu Tage treten. Es ist
natürlich und klar, dass ein noch so kleiner, aber von neuem Geiste getragener Kern
jüdischer Siedlungen in Palästina von größerem Interesse für England und die ganze
Welt sein wird als ein zehnmal größeres Siedlungswerk, das eine Kopie irgendeiner an-
deren Kolonie in irgendeinem anderen Lande wäre. Ich vertraue auf den Fortschritt der
Menschheit, und deshalb vertraue ich England.«
Eldad schwieg und sah den kleinen Mann ruhig an, beinahe neugierig. So also sah
ein Mann aus, der die Verantwortung für die Heimkehr eines Millionenvolkes zu tragen
hatte. Kazprin hatte Vertrauen. Nach einer Pause erst sagte Eldad, mit einem Versuch,
versöhnlich zu wirken : »Gut, Herr Kazprin. Ich gebe zu, dass Sie mit großer Wahr-
scheinlichkeit Recht behalten können. Ich gebe zu, dass vielleicht England und die
Weltmeinung uns verteidigen werden. Aber was geschieht, wenn Sie sich irren ? Viel-
leicht irre ich mich mit meinem Pessimismus. Vielleicht ist es nicht nötig, eine Armee
aufzustellen, vielleicht ist es nicht nötig, in kurzer Zeit Hunderttausende ins Land zu
bringen. Aber der Unterschied zwischen meinem Plan und dem Ihren ist doch der des
Risikos : Wenn ich mich irre, wenn die Araber also wider Erwarten friedlich bleiben
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Title
- Wolfgang von Weisl
- Subtitle
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Editor
- Dietmar Goltschnigg
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 362
- Category
- Biographien
Table of contents
- Vorwort 7
- Abkürzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- Einbürgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355