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Von der funktionalen Tanzmusik zur autonomen Komposition
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Struktur der Strausswerke nehmen Schlaginstrumente eine gewichtige Rolle ein, in Kadenzen ebenso wie
bei spannungsgeladenen Steigerungen; sie können aber auch einer lyrischen Passage einen individuellen
Farbton beimischen.
a) Pauke: Gestimmt in den beiden Noten für Tonika und Dominante, waren (rasche) Wechsel zunächst
nicht möglich. Erst in späteren Werken finden wir das Umstimmen zumindest einer der beiden Noten,
manchmal sogar beider. Um auf die Pauke auch in weiter entfernten Tonarten nicht gänzlich zu verzich-
ten, setzt Strauss die Pauke in der Kadenz nach der Modulation in die Dominante ein. Der Tonikaton
wird so zur unfreiwilligen Septime der Doppeldominante.88 In einigen Passagen finden wir sogar Töne,
die gänzlich tonartfremd sind, hier dürfte mehr der Klangeffekt als die korrekte Stimmung ausschlagge-
bend gewesen sein.
b) Cassa: Die Bezeichnungen schwanken zwischen Cassa und großer Trommel, die wahrscheinlich syno-
nym gebraucht wurden. Mit Cassa ist die große Trommel mit angebundenem Becken gemeint, bei kur-
zen Schlägen wurden beide Instrumente gespielt. Notierte Wirbel beziehen sich auf die große Trommel,
einzelne Beckenschläge oder -wirbel werden mit „Becken“ oder „Teller“ bezeichnet. Bedingt durch die
Unmöglichkeit raschen Umstimmens der Pauke vertritt die große Trommel in Sequenzen die Pauke:
Anstelle eines Tones der Pauke tritt einer der großen Trommel.
c) Triangel: Wie die Cassa wurde die Triangel in der Regel vom Paukenspieler bedient, sie wird regelmäßig
eingesetzt, vor allem dort, wo die Melodie leise zu spielen ist, Strauss aber auf ein rhythmisches Element
nicht verzichten will, wie die häufige Kopplung mit der kleinen Trommel und/oder den Trompeten
beweist.
d) kleine Trommel89: Sie gehört zu den wichtigsten Instrumenten der Strausskapelle, sie dient der Un-
terstützung der Begleitstimmen (gerne gekoppelt mit den Trompeten) bei rhythmisch akzentuierten
Passagen, ist aber ebenso beteiligt bei Steigerungen und effektvollen Abschlüssen.
e) weitere Nebeninstrumente: Strauss setzte das Schlagwerk erstaunlich ökonomisch ein, nahezu nie wer-
den die Instrumente um ihres bloßen Effektes willen verwendet, stets sind sie eingebunden in die Ge-
samtstruktur der Komposition. Eines der wenigen Instrumente, die sich zusätzlich finden, ist der Am-
boss (z. B. in der Polka „Feuerfest“, deutlich inspiriert von Richard Wagners „Rheingold“), die Glocke
(auch Glockenspiel) und das Tambourin(o).
harfe
Sowohl in Walzern als auch in der Polka Mazur oder in der Polka française (so gut wie nie hingegen
in der Polka schnell) taucht die Harfe auf. Strauss weist ihr wichtige Aufgaben in der Introduktion zu,
innerhalb der Walzerkette kommt sie in den lyrischen Einzelwalzern, in Polkas vorwiegend im Trio zum
Einsatz. Konzipierten Lanner und Strauss Vater ihre Werke noch so, dass sie mit kleiner Besetzung ebenso
aufführbar waren wie mit großer, musste Josef Strauss diese Konzession an die Erfordernisse der Auffüh-
rungsumstände nicht mehr eingehen.
streichinstrumente
Der mittelgroß bis groß chorisch besetzte Streicher-Apparat bildet die Basis aller Strausswerke. Mit weni-
gen Ausnahmen (wenn die Melodie einem Bläserinstrument zugeordnet ist) ließen sich alle Kompositio-
nen von einer reinen Streicherbesetzung zumindest der Substanz nach ausführen, unter Verzicht auf die
Vielfarbigkeit, die sich durch Josef Strauss’ meisterhafte Instrumentierung ergibt.
a) Erste Violine: Basierend auf der Tradition, dass die Strausskapelle durch die geigenden Straussbrüder ge-
leitet wurde (der dirigierende Josef bildete zunächst eine Ausnahme), ist der ersten Violine das führende
melodische Geschehen zugeordnet. Dem Konzertmeister (oder auch dem jeweiligen Leiter der Auffüh-
hängt, sodass sie wie alle anderen Instrumente im Gehen gespielt werden konnten.
88 Interpreten ist es vorbehalten zu entscheiden, ob sie das rasche Umstimmen, wie es die moderne Pedalpauke ermöglicht, zur
harmonisch korrekten Ausführung dieser Noten nutzen wollen.
89 An Bezeichnungen finden sich „Tamb(o)uro Piccolo“ und „Tamb(o)uro militare“.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Josef Strauss
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Titel
- Josef Strauss
- Untertitel
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Autor
- Wolfgang Dörner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21404-5
- Abmessungen
- 21.4 x 30.0 cm
- Seiten
- 496
Inhaltsverzeichnis
- Gebrauchsmusik im 19. Jahrhundert 9
- Von der funktionalen Tanzmusik zur autonomen Komposition 17
- Aufbau und Systematik des Werkverzeichnisses 37
- Werkverzeichnis
- I. Gedruckte Werke mit Opuszahl 45
- II. Gedruckte Werke ohne Opuszahl 431
- III. Ungedruckte Werke 445
- IVa. Ungedruckte Werke, in Autographen bzw. Abschriften erhalten 459
- IVb. Ungedruckte Werke, Autographe in Antiquariatskatalogen erwähnt 465
- V. Bearbeitungen – Aufführungen von Werken anderer Komponisten (Auswahl) 467
- Anhang