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Quellen
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ten Gelegenheit, offensichtliche Fehler zu korrigieren, als Kaufanreiz wurden die Titelblattillustrationen
sorgfältig gestaltet, Kompromisse bedingt durch die instrumentenspezifischen Einschränkungen waren
nicht immer zu vermeiden. Gerade Artikulation, Phrasierung, aber auch Dynamik konnten stark von
den ursprünglichen Ideen des Komponisten abweichen, sodass sich aus diesen Arrangements nur bedingt
Rückschlüsse auf die Orchester-Urfassungen ziehen lassen. Für die Komponisten waren die Klavierausga-
ben bedeutende Einnahmequellen, daher waren sie daran interessiert, dass die Exemplare zeitnah zu den
Uraufführungen in den Verkauf gelangten, in manchen Fällen konnten die Arrangements bereits vor der
Uraufführung angefertigt worden sein. Spezielle Ausgaben wurden als Damenspenden auf Bällen verteilt,
mehrere Werke (auch unterschiedlicher Komponisten) konnten unter Sammeltiteln zusammengefasst
werden. Da ein gewichtiger Teil der Tanzkompositionen für den Karneval geschrieben wurde, finden wir
mehrere „Wellen“ von Erscheinungsperioden: Im März und April wurden die Werke des vergangenen
Karnevals herausgegeben, also vornehmlich die Widmungskompositionen sowie andere kleinere Polkas,
die auf einem der zahlreichen Bälle zur Uraufführung gelangten, eine zweite Periode folgte im Spätsom-
mer und Herbst, wenn Verleger Material für die kommende Ballsaison zur Verfügung stellen wollten.
Hier finden die Kompositionen, die im Sommer entstanden waren (Sommerbälle, Gartenfeste, öffentli-
che Konzerte etwa im k. k. Volksgarten), Berücksichtigung. Bei dieser Gelegenheit wurden auch bereits
gedruckte Werke erneut angepriesen.
Orchesterstimmen: Josef Strauss’ Kompositionen waren ausnahmslos Orchesterwerke mit großer Be-
setzung, umso erstaunlicher ist es, dass seine Verleger lange zögerten, Stimmenausgaben zu drucken. Eine
Erklärung könnte sein, dass die Strausskapelle(n) aus ihren eigenen Stimmenabschriften bzw. Stimm-
büchern spielte(n) und andere Orchester oder Ensembles diese Werke zunächst nicht in ihr Repertoire
aufnehmen wollten. Mit steigender Bekanntheit und Beliebtheit wuchs die Nachfrage nach Auffüh-
rungsmaterial. Die Verlage begannen, Orchesterstimmen entweder zu drucken oder in Abschriften zum
Verkauf anzubieten. Stimmendrucke waren teuer in der Herstellung, daher erscheint es verständlich,
dass Verlage die Kosten scheuten, wenn sie nicht sicher sein konnten, entsprechende Verkaufszahlen zu
erzielen. Orchesterstimmen wurden daher nicht für alle Werke gedruckt. C. A. Spina fertigte später soge-
nannte „lithographierte“ Stimmen an, handgeschriebene Stimmen auf vorgedrucktem Notenpapier, die
über Lithographie vervielfältigt werden konnten. Die Stimmenausgaben strotzen vor Fehlern, ungenauen
Bogensetzungen und inkonsequenten Angaben in Dynamik, Artikulation und Phrasierung. Eine Beson-
derheit stellen die von C. Haslinger für die frühen Werke erstellten Ausgaben für reduzierte Besetzung96
dar sowie die gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufkommenden Fassungen für Salonorchester, bei denen
Stimmen für eine kleine Besetzung sowie Ergänzungsstimmen angeboten wurden.
Partituren: Die komplexe Struktur der Strauss-Werke – insbesondere ihre dichte Instrumentierung –
veranlassten den Verlag C. Haslinger dazu, beginnend mit op. 71, Partituren herzustellen. Für Tanzmu-
sikkompositionen war das absolut ungewöhnlich, es zeigt, dass man Josef Strauss als Schöpfer großer
symphonisch gedachter Werke zu würdigen begann. Zwar erschienen nur einige wenige dieser Partituren,
immerhin haben sich Exemplare in den Bibliotheken erhalten, die uns ein authentisches Bild der Werke
vermitteln, wenngleich auch hier Abstriche in Bezug auf die Sorgfalt der Editionen zu machen sind.
Arrangements für unterschiedliche Besetzungen: Für Lanner und Strauss Vater spielten die zahl-
reichen Bearbeitungen für unterschiedliche Besetzungen eine große Rolle, in bis zu zehn verschiedenen
Arrangements wurden ihre Werke von den Verlegern herausgebracht. In der nachfolgenden Generation
reduzierte sich die Anzahl drastisch: Neben der Klavierfassung wurden von Kompositionen Josefs ledig-
lich Ausgaben für Violine und Klavier angefertigt, vereinzelt noch Arrangements für Klavier zu vier Hän-
den. Beliebte Instrumente wie Zither oder Gitarre wurden nur mehr selten in Sammeleditionen bedacht,
der Wandel der bürgerlichen Musizierkultur gestattete es den Verlagen nicht mehr, hier ausreichend große
Auflagen zu erzielen, die den Aufwand gerechtfertigt hätten. Die orchestrale Gestaltung der Werke Josefs
sperrte sich gegen eine Reduzierung auf einige wenige Instrumente, völlig verschwanden die früher so
beliebten Fassungen für drei Violinen und Bass sowie für diverse Soloinstrumente wie Flöte oder Csa-
kan. Verwirrend sind Ankündigungen wie „in den üblichen Arrangirungen“97 in Anzeigen, die lediglich
96 Diese kleine Besetzung entspricht in etwa der Orchestergröße, die Lanner und Strauss Vater zur Verfügung hatten.
97 „Wiener Zeitung“, 6.1.1859, Ankündigung für die Polka Mazur „Wald-Röslein“ op. 63.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Josef Strauss
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Titel
- Josef Strauss
- Untertitel
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Autor
- Wolfgang Dörner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21404-5
- Abmessungen
- 21.4 x 30.0 cm
- Seiten
- 496
Inhaltsverzeichnis
- Gebrauchsmusik im 19. Jahrhundert 9
- Von der funktionalen Tanzmusik zur autonomen Komposition 17
- Aufbau und Systematik des Werkverzeichnisses 37
- Werkverzeichnis
- I. Gedruckte Werke mit Opuszahl 45
- II. Gedruckte Werke ohne Opuszahl 431
- III. Ungedruckte Werke 445
- IVa. Ungedruckte Werke, in Autographen bzw. Abschriften erhalten 459
- IVb. Ungedruckte Werke, Autographe in Antiquariatskatalogen erwähnt 465
- V. Bearbeitungen – Aufführungen von Werken anderer Komponisten (Auswahl) 467
- Anhang