Seite - 1107 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Ravne na Koroškem
www.rav.sik.si Das Umland von Ravne war bereits seit der Antike
besiedelt, da durch den Ort eine römische Straße führte,
die Celeia (das heutige → Celje) mit Juena (dem
Hemmaberg/Sv. Hema bei Globasnitz/Globasnica) in
Kärnten/Koroška verband. Das bestätigen auch archäo-
logische Funde römischer Keramik, von Mosaiksteinen,
Ziegeln und Münzen im Bereich des heutigen Eisen-
werkes. Bereits damals war das Hüttenwesen entwickelt,
das in der Folge im Mittelalter die Grundlage des dor-
tigen Handwerks und später der Industrie bilden sollte.
Die ersten Eigentümer von Guštanj und seines Um-
lands waren die Bischöfe von →
Bamberg. Diese er-
richteten über der Talenge der Meža (Mieß) die Burg
Guštanj (Gutenstein) und überließen sie als Lehen
dem Geschlecht der Ort, die hier ihre Ministeriale,
die Herren von Guštanj (Guttenstein) einsetzten. Als
erster wird 1248 Dietrich von Guttenstein (Dit-
rih Guštanjski) urkundlich erwähnt. 1281 überließen
die Bischöfe von Bamberg die Burg der Herrschaft von
Heunburg/Vovbre, von denen sie 1322 die → Grafen
von Cilli (Celjski grofje) übernahmen und bereits 1322
den Auffensteinern abtraten. Wahrscheinlich verloren
die Bamberger die Herrschaft über Guštanj im 14. Jh.
Der ursprüngliche Umfang der Herrschaft Guštanj
entspricht dem späteren Umfang des Gerichtsbezirkes
von Guštanj. Dieser wird erstmals 1317 als Besitz der
Bischöfe von Bamberg erwähnt. Als sich 1395 Fried-
rich von Auffenstein (Friderik Auffensteinski) gegen
den Erzherzog Wilhelm (nadvojvoda Vilijem) auf-
lehnte, wurde die Burg von Guštanj landesfürstlicher
Besitz. Die Habsburger überließen sie in der Folge un-
terschiedlichen Adelsfamilien. Als die Burg verfallen
war, wurde als Ersatz für die Burg Grünfels errichtet,
deren Besitzer Maximilian von Geisruck war.
Unter der Burg Guštanj entwickelte sich eine An-
siedlung, die 1248 erstmals als Guttenstein urkundlich
verbrieft ist und 1317 als Markt firmiert. 1396 wird
Guštanj zum landesfürstlichen Markt, dessen Pächter
gleichzeitig auch die Burgherren waren. Guštanj erhielt
damals auch das Recht, vier Jahrmärkte abzuhalten und
Marktgebühren einzuheben. Seit dem Ende des 16.
Jh.s hatte der Markt auch ein eigenes Wappen und ein
amtliches Siegel grüner Farbe, das einen Baum mit drei
Baumkronen darstellt. Die Marktbewohner waren per-
sönlich frei, doch war die Selbstverwaltung des Mark-
tes nicht umfassend.
Guštanj war ein Handels- und Handwerkszentrum
(Schumacher, Schmiede, Töpfer, Ledermacher, Färber,
Handschuhmacher, Kammmacher). Die Zeche der Schneider wirkte im Markt seit 1749. Im 16. und im 17.
Jh. durfte der Markt drei zusätzliche Jahrmärkte abhal-
ten, die die Entwicklung des Handels und des Hand-
werks beschleunigten.
Die Anfänge der Eisenindustrie reichen ins Jahr
1620 zurück. Nach 1774 begann die industrielle Pro-
duktion des Eisens mit der Errichtung der ersten Eisen-
und Nagelschmiedewerkstätten an der Meža (Mieß),
was gleichzeitig zum Aufschwung der industriellen
Fertigung von Eisenprodukten führte. 1807 kauften
die Grafen Thurn die Hammerwerke und 1827 noch
den Großteil der übrigen Betriebe im Tal der Meža
(Mieß) ; sie weiteten die Produktion aus und moder-
nisierten diese. 1848 waren in den Kohlebergwerken
und in den Eisen verarbeitenden Betrieben in Guštanj
(Guttenstein), in Prevalje (Prävali), in Črna (Schwar-
zenbach), in Mežica (Mießdorf) und in Leše (Liescha)
über 1.200 Arbeiter, darunter auch zahlreiche Arbeiter
aus dem → Jauntal/Podjuna, beschäftigt. 1863 erhielt
der Ort eine Eisenahnverbindung, die eine rasche wirt-
schaftliche Entwicklung in der zweiten Hälfte des 19.
Jh.s ermöglichte.
Die Grundlage für die Entwicklung war die Stahl-
produktion, die erst mit dem Verfall der Eisenverhüt-
tung in Črna, Mežica und in Prevalje die Möglichkeit
für ihre weitere Entwicklung erhielt. In dem damals
neu errichteten Betrieb, der mit Wasserkraft betrieben
wurde, wurde mit der Produktion von gehärtetem Stahl
begonnen. Der Rohstoff, vor allem Rohstahl, wurde aus
den Hochöfen von Prevalje und später aus Donawitz
bezogen. Der gehärtete Stahl aus dem Stahlwerk von
Guštanj war berühmt für seine Qualität, so dass er be-
reits vor dem Ersten Weltkrieg nach Griechenland, in
die Türkei, nach Italien, in den Nahen und Fernen Os-
ten, nach Russland und sogar nach Brasilien exportiert
wurde. Die Entwicklung des Stahlwerkes wurde durch
den Ersten Weltkrieg beschleunigt, als es als Kriegsbe-
trieb fungierte.
Als nach dem Ersten Weltkrieg die → Mežiška
dolina (Mießtal) dem neu errichteten Königreich der
Serben, Kroaten und Slowenen zugesprochen wurde
(→ Jugoslawien), nahm Graf Thurn die jugoslawische
Staatsbürgerschaft an und blieb weiterhin Eigentümer
des Eisenwerkes in Ravne. Er verband die Fabrik mit
der Aktiengesellschaft der Brüder Böhler in Wien,
sodass sie Teil der deutschen Rüstungsindustrie wurde.
Ende der 30er-Jahre wurde begonnen, neben Edelstahl
auch Endprodukte für die Landwirtschaft, den Verkehr
und die Eisenbahnen zu fertigen. Wegen der Entwick-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602