Seite - 1119 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Relevanz und Redundanz von Sprache
Priročnik za strokovno obdelavo arhivskega gradiva pravosodnih orga-
nov od srede 18. stoletja do leta 1991, 1. del, Izbor zakonov in predpisov,
Ljubljana 1997 ; K. Sturm Schnabl : Franz Miklosich – Fran Miklošič
(1813–1891). In : M. Mitrović : Geschichte der slowenischen Litera-
tur, Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Klagenfurt/Celovec 2001,
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In : Jezikovni zapiski 8/2002, 205–211 ; W. Brauneder : Österreichi-
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625–637 ; T. Olechowski : Österreichische Rechtsgeschichte, Wien 22008 ;
B. Gröschel : Das Serbokroatische zwischen Linguistik und Politik. Mit
einer Bibliographie zum postjugoslavischen Sprachenstreit, München
2009 ; B.-I. Schnabl : Dvojezična ustava Koroške in deželni glavar Janez
Nepomuk Šlojsnik. In : KK 2012. Klagenfurt/Celovec [2011], 165–188.
Bojan-Ilija Schnabl
Reichsratsabgeordnete, → Abgeordnete ; → Ein-
spieler, Lambert ; → Grafenauer, Franc (1860–
1935) ; → Lutschounig, Jakob.
Relevanz und Redundanz von Sprache. Relevanz
und Redundanz zählen zu den bedeutenden psycho-
linguistischen Faktoren beim Spracherwerb und Spra-
cherhalt insbesondere in einem zweisprachigen oder
mehrsprachigen Umfeld. Die Relevanz im Kontext des
Spracherwerbs beschreibt die subjektive und objektive
Bedeutung einer Sprache, die für den (potentiellen)
Sprecher einer Sprache ›objektivierbare‹ Maßstäbe für
deren Gebrauchsnutzen gibt. Redundanz ist das Ge-
genteil der Relevanz, wie sehr also der Gebrauch einer
anderen Sprache keinen praktischen Mehrwert in der
Kommunikation bietet, was insbesondere im gesell-
schaftlichen Kontext der → Zweisprachigkeit in Kärn-
ten/Koroška in Erscheinung tritt.
Subjektive, emotionale sowie objektive Ele-
mente von Relevanz und Redundanz von Sprache
sind von zentraler Bedeutung für den Spracherwerb im
Kleinkindalter und für den Spracherhalt bei Erwach-
senen Individuen oder Gruppen allgemein. Von zen-
traler Bedeutung sind die Phänomene von Relevanz
und Redundanz für die pädagogische Ausrichtung des
zweisprachigen Unterrichts bzw. → Schulwesens. Da
Redundanz und Relevanz eng mit der Qualität der
Sprachkenntnis(se) verbunden sind – auch der → Mut-
tersprache –, haben sie auch einen Einfluss auf die per-
sönliche sprachliche, kulturelle und ethnische Identität
des Sprechers, der Sprecherin.
Sprachökonomie. Da der Mensch beim Sprachge-
brauch in der aktiven sowie in der passiven Kommu-
nikation auch unbewusst ›ökonomisch‹ handelt, soll
grundsätzlich das Ausscheiden irrelevanter, also redun- danter Information die Verarbeitung der Kommunika-
tionsinhalte erleichtern (Eindämmung der Reiz- bzw.
Informationsüberflutung). Dabei kommt es graduell
jedoch auch zu einer notgedrungenen Selektion der
Informationsinhalte, die in der Folge aufgrund der Ge-
setzmäßigkeiten der kognitiven Dissonanzen eine wei-
tere Aufnahme von Information be- bzw. verhindert,
da es dabei zur (Um-)Interpretation der Umwelt auf-
grund von unbewussten Erwartungshaltungen kommt
(vgl. dazu auch → Geschichtsschreibung und kognitive
Dissonanz). In enger Korrelation mit der Relevanz ei-
ner Sprache steht auch der Grad ihrer gesellschaft-
lichen subjektiven (Prestige) und objektiven Domi-
nanz (→ Adelssprache, → Amtssprache, → Goldene
Bulle, → Lingua franca, →
Liturgiesprache). Prestige
und Dominanz beeinflussen sehr stark die subjektive
Wahrnehmung der Relevanz einer Sprache, was in der
Folge zur folgenden Kausalkette führt :
Subjektive/objektive Dominanz – (subjektive/objektive)
Relevanz – Motivation – Informationsökonomie – un-
gleiche funktionale Sprachkompetenz – Code-Switching –
Zweisprachigkeit – → Mischsprache – Sprach-Switching
– → Assimilation (→ Germanisierung).
Soll die mangelnde Relevanz einer Sprache nicht
zum strukturellen Vektor der Assimilation werden,
müssen aufgrund von Informationsökonomie und un-
gleicher funktionaler Sprachkompetenz exklusive Be-
reiche der aktiven und passiven Kommunikation
gelebt werden (etwa durch → Immersion), die zum
Erhalt der sektoriellen Relevanz der gesellschaftlich
dominierten Sprache beitragen und die die Allmacht
der subjektiv empfundenen Dominanz der anderen
Sprache relativieren. Positive Ziele für die Einzel-
person sind dabei die Erhöhung der funktionalen
Sprachkompetenz sowie die Motivation an sich. Das
Erlernen einer dritten oder vierten Sprache kann ein
Instrument zur Relativierung der Dominanz einer von
zwei Sprachen sein (im Sinne von tertium comparati-
onis). Eine zweisprachige Person wird »automatisch«
ihre unterschiedlichen Sprachkenntnisse vergleichen
und Frustration erleben, verunsichert sein, graduell die
aufgrund von mangelndem Schulunterricht subjektiv
schlechter beherrschte (Mutter-)Sprache weniger spre-
chen und schließlich einen → Sprachwesel vollziehen.
Bei Drei- oder Mehrsprachigkeit führt hingegen das
Festellen der eigenen mangelnden Sprachkenntnisse
in der Muttersprache nicht in der gleichen Weise dazu,
dass die eigene sprachliche oder ethnische Identität in-
frage gestellt wird.
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602