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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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1224 Sibyllen (Sibyllae), Šembilje, Sibile. Bekannt sind die S. durch die Sibyllinischen Bücher (Šembiljine bukve/Sibiline bukve). Deren älteste deut- sche Fassung geht auf das Jahr 1321 zurück. Zu Beginn des 16. Jh.s wurden auf der Grundlage einer italieni- schen Fassung den Prophezeiungen der zwölf S. die Predigt eines Heidelberger Predigers und eine prosai- sche Beschreibung der dreizehnten deutschen S. hin- zugefügt. Dieses Buch war weit ins 19. Jh. und darüber hinaus verbreitet. Ursprünglich basieren die Sibyllinischen Bücher je- doch auf einer in griechischen Hexametern abgefass- ten, orientalischen Sammlung von anonymen Orakel- sprüchen und Kultvorschriften aus dem 5. oder 6. Jh. v. Chr., Oracula Sibyllina, die hellenistische, jüdische und christliche Elemente aufwiesen. Von den ursprüng- lich 14 Büchern sibyllinischer Orakel sind 12 erhalten, die allerdings erst aus dem 2.–3. Jh. n. Chr. stammen. Diese ebenfalls in griechischen Hexametern abgefass- ten Texte setzen sich primär aus einem jüdischen und einem christlichen Grundstock zusammen. Unter der Dynastie der Tarquinier kam die Orakel- sammlung Sibylla von Cumae nach Rom, wo die Samm- lung durch Senatsbeschluss offiziell rezipiert und durch Sprüche verwandter Art ergänzt wurde. Die Sibyllini- schen Bücher galten als unheilabwehrend und wurden in Notzeiten befragt. Jedoch sind diese Bücher in ihrer originären Form als sakrale Weisungen angelegt, wie bei drohendem Unglück zu handeln sei, und erhielten prophetischen und warnenden Charakter erst im Laufe der Zeit durch Vermengung mit gefälschten Versen jüngerer Geschichte. In Rom wurden die Sibyllinischen Bücher lange Zeit in den Kellerräumen des Tempels auf dem Kapitol auf- bewahrt, wo sie jedoch beim Tempelbrand im Jahr 83 v. Chr. dem Feuer zum Opfer fielen. Im Auftrag des Se- nats wurden in der Folge ähnliche, aus Erythrae, Samos, Sizilien und Afrika stammende Sprüche zusammenge- tragen und bis 405 n. Chr. im neu errichteten Tempel verwahrt. In diese jüngere Sammlung gelangten man- che politisch motivierten Fälschungen, worauf eine kri- tische Prüfung und Säuberung der Textbestände folgte. Die Sammlung wurde jedoch auf Befehl von Stili- chos verbrannt. In der zweiten Hälfte des 19. Jh.s wurde das volks- tümliche Sibyllinische Buch u. a. von einem tschechi- schen Autor durch Einbindung der Schlacht am Wei- ßen Berg erweitert und den regionalen Bedürfnissen angepasst. Eine Druckfassung des Werkes mit dem Ti- tel Proroctví Michaldy, králowny ze Sáby, třinácté Sibylly [Prophezeiungen von Michala, der Königin aus Saaba, der 13. Sibylle], die sich in mehreren Exemplaren in →  Prag erhalten hat, stammt aus der ersten Hälfte des 19. Jh.s. Aus der zweiten Hälfte des 19. Jh.s sind zwei deutsche Druckversionen belegt : eine für Tschechien und Mähren bestimmte Fassung erschien in Litomyšl (Leitomischl) und eine zweite, für österreichische Le- ser bestimmte und nicht speziell auf den tschechisch- mährischen Raum bezogene Variante im oberösterrei- chischen Linz. Von hier aus verbreiteten sich regionale Varianten der Sibyllinischen Bücher in verschiedenen Gebieten der österreichisch-ungarischen Monarchie. Das Sibyllenmotiv ist auch im volkstümlichen Er- zählgut des germanisch-slawischen Kontaktgebiets vertreten. Varianten Sibyllinischer Bücher in sloweni- scher Sprache kursierten z. B. in Kärnten/Koroška und in der Dolenjska (Unterkrain). Handschriftliche slowe- nische Versionen des Sibyllinischen Büchleins sind z. B. aus Finkenstein/Bekštanj und St.  Johann im Rosental/ Šentjanž v Rožu überliefert. Die mit 14. Jänner 1892 datierte, von M. Lapusch unterzeichnete St.  Johan- ner Handschrift mit dem Titel Švile Prerokile erschien 1985 in einer Bearbeitung von Herta Lausegger in Klagenfurt/Celovec. Varianten Sibyllinischer Bücher/ Šembiljine bukve/Sibiline bukve waren, wie der →  An- tikrist [Antichrist], im gesamten slowenischen Sprach- raum verbreitet. Die Veröffentlichung einer sloweni- schen Version des Büchleins der S. Šembiljine bukve liegt in einer Bearbeitung von Niko Kuret, Ljubljana 1940, vor. Eine handschriftliche Variante des Büchleins der S. Šembilja ist nach mündlicher Mitteilung auch im Komitat Vas (Eisenburg) in Westungarn überliefert. Sprachlich lehnen sich die S.-B. stark an die jeweili- gen Vorlagen an und werden in der Regel der substan- dardsprachlichen Literatur zugeordnet →  Bukovništvo. Lit./Web : Sibyllen. In : Meyers Konversationslexikon, 14. Band : Rüböl – Sodawasser. 4. Aufl., Leipzig und Wien 1885–1892, S. 931, URL : www.retrobibliothek.de/retrobib/seite.html ?id=114854#Sibyllen ; Die Sibyllinischen Bücher. In : J. A. Hartung : Die Religion der Rö- mer : nach den Quellen dargestellt, Bd. 1, 1936, 129–135 ; N. Ku- ret : Šembiljine bukve. Slovenski ljudski rokopis. In : Obisk 1, Nr. 2–Nr. 6 (1940) ; G. Wissowa : Religion und Kultus der Römer, München 1971, 536  ff.; K. Latte : Sibyllinische Bücher. In : Handbuch der Alter- tumswissenschaft Bd. 4 : Römische Religionsgeschichte. München 1976, 160  f.; R. Clemens : Die sibyllinischen Orakel. Wiesbaden 1985 ; H. Lausegger : Švile Prerokile. Koroška različica Sibilinih prerokb. Celo- vec 1985 ; J. Rüpke : Die Religion der Römer, München 22006 ; Sibylle. In : Das große Kunstlexikon von P. W. Hartmann URL : www.beyars. com/kunstlexikon/lexikon_8279.html. Herta Maurer-Lausegger
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
3 : PO - Ž
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
566
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
  2. Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
  3. Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
  4. Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
  5. Verzeichnis der Abbildungen 1580
  6. Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
  7. Biographien der Herausgeber 1602
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