Seite - 1263 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Sodaliteta presvetega Srca Jezusovega
in → Maria Saal/Gospa Sveta, zum ersten Präsidenten
und Matija → Randl, Vertreter des Dekanats Ebern-
dorf/Dobrla vas, zum Stellvertreter gewählt wurden.
Regelmäßige Treffen auf Dekanats- und Diözesanebene
sollten der theologischen Fortbildung, dem Erfahrungs-
austausch und der Stärkung der slowenischen Identität
durch eine umfassende religiöse und kulturelle Weiter-
bildung dienen. Zusätzlich wurden hierfür slowenische
christlich-soziale Ortsvereine im Rahmen der → Slo-
venska krščansko-socialna zveza za Koroško [Slowenischer
christlich-sozialer Verband für Kärnten], dem Dachver-
band der slowenischen katholischen Bildungsvereine in
Kärnten/Koroška, gegründet, deren Zahl knapp vor dem
Ersten Weltkrieg 50 erreichte. Ab 1928 wurden slowe-
nische Bildungshäuser, die der religiösen und kulturellen
Erbauung dienten, errichtet (siehe unten).
Infolge der Kriegswirren des Ersten Weltkrieges
konnten die Exerzitienheime nicht mehr ihren Auf-
gaben nachkommen. Ab Juli 1914 wurden slowenische
Priester wegen vorgeblicher Serbophilie systematisch
verhaftet, schikaniert und unschuldig zu schwerem Ker-
ker verurteilt (→ Internierungen 1919 ; → Militärge-
richtsbarkeit ; Jan (Ivan) → Brabenec). Insbesondere
aber wurden ab 1918/19 über 40 slowenische Priester
(sog. Sodale) aus Kärnten/Koroška gewaltsam vertrie-
ben. Das bedeutete insgesamt einen äußerst schwe-
ren Verlust von Humanressourcen unter den Kärntner
Slowenen und hatte nachhaltig negative Auswirkun-
gen für das ganze Volk bzw. die Volksgruppe im Land
(→ Vertreibung 1920). Zu den vertriebenen Sodalen
zählen nach Vrečar der Gründer und Theologiepro-
fessor Lambert → Ehrlich, die Gründungsmitglieder
Janko → Arnejc (Präfekt des →
Marianums), Janko
→
Maierhofer (Pfarrer von Poggersdorf/Pokrče),
Franc → Cukala (Kanonikus in Maria Saal/Gospa
Sveta und später Generalvikar der Diözese → Mari-
bor), ebenso Franc Lasser (Religionslehrer in Völker-
markt/Velikovec) und Matej → Ražun (Gründer der
slowenischen Privatschule genannt → Narodna šola in
St.
Peter/Šentpeter bei St.
Jakob im Rosental/Šentjakob
v Rožu), Franc → Smodej (Redakteur der christlichso-
zialen Wochenzeitung → Mir), Janko Arnuš (Erbauer
eines der ersten Arbeiterheime in Unterloibl/Podljubelj
1908), Franc Ksaver → Meško, Gregorij →
Rozman
(der spätere Bischof von Ljubljana), Franc → Treiber
(Gründer der slowenischen Privatschule in St. Rup-
recht bei Völkermarkt/Šentrupert pri Velikovcu), Jurij
→
Trunk und Josip Zeichen (Direktor der Druckerei
der → Mohorjeva). Die notwendige Aufarbeitung der zivilisatorischen
Tragödie der Kriegszeit, der Verfolgungen, der für die
Slowenen traumatischen → Grenzfrage 1918–1920
sowie der Folgen der → Volksabstimmung von 1920
ging auch im Rahmen der Sodalitas nur langsam von-
statten, zumal die deutschnationalen Verfolgungen sys-
tematisch fortgesetzt wurden. So wurde 1921 der Vor-
sitzende der Sodalitas, Valentin →
Limpel, in einem
Schussattentat schwer verletzt, die polizeilichen Unter-
suchungen wurden rasch zu den Akten gelegt. In einer
Denkschrift der »Vertreter der katholischen Slowenen
in Kärnten« an den Gurker Bischof aus dem Jahr 1922
wiesen diese auf die Diskriminierungen der sloweni-
schen Gläubigen innerhalb der Kirche bzw. seitens der
Kirchenleitung hin, wobei Bischof →
Hefter diese
nicht entgegennehmen wollte. So kritisierten sie etwa
die Einsetzung von Priestern ohne Slowenischkennt-
nisse in gänzlich oder überwiegend slowenischen Or-
ten (Egg/Brdo, Thörl/Vrata, Göriach/Gorje, → Maria
Gail/Marija na Zilji, → Viktring/Vetrinj, → Ferlach/
Borovlje, Grafenstein/Grabštanj, Timenitz/Timenica,
St. Philippen/Šentlipš, Ruden/Ruda und in Griffen/
Grebinj ebenso wie in den slowenischen → Wallfahrts-
orten Perau/Perava und Maria Saal/Gospa Sveta). Die
ersten Wahlen der Sodalitas nach dem Krieg wurden im
Dezember 1922 abgehalten, denen regelmäßige Treffen
folgten. Aus diesem Wirken erfolgte die Gründung der
slowenischen Kirchenzeitung → Nedelja 1926. Erst mit
dem slowenischen Gailtaler Theologen und Staatswis-
senschaftler Rudolf → Blüml kam 1927 wieder eine
neue Dynamik in das Wirken der Sodalitas, die 1935
wieder 80 Mitglieder zählte.
Doch führte auch der Zweite Weltkrieg zu eine wei-
teren zivilisatorischen Tragödie ungeheuren Ausmaßes
für die Slowenen in Kärnten/Koroška. Die → Verfol-
gung slowenischer Priester setzte unmittelbar am Tage
des → »Anschlusses« ein und zeigte ihre Systematik
am Tag des Überfalls Hitlerdeutschalnds auf → Jugo-
slawien, als die letzten diesbezüglichen geopolitischen
Hindernisse beseitigt wurden. Wieder wurden über 50
slowenische Priester von ihren Pfarren vertrieben und
diese in dieser Hinsicht »ethnisch gesäubert«, zahlrei-
che Priester kamen ab 1939 in KZ oder wurden Opfer
der → Deportationen 1942 (→ »Ethnische Säube-
rung«). Diese Verfolgungen bildeten Meilensteine der
Kulturzerstörung, die durch die nachhaltige, kollektive
Traumatisierung nach der Befreiung und Rückkehr erst
ihre langfristigen Wirkungen zeitigen sollten (→ Assi-
milation und PTBS).
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602