Seite - 1286 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Srienc, Kristijan
1932 entschied sich S. für das Theologiestudium im
neuen Priesterseminar in Klagenfurt/Celovec, obwohl
ein Mäzen ihm das Rechtsstudium finanzieren wollte.
Im Priesterseminar herrschte damals eine extrem slo-
wenenfeindliche Athmosphäre (von seinen Studien-
kollegen gingen zwei später zur SS), sodass S. ins Cani-
sianum nach Innsbruck wechselte, wo eine brüderliche
Athmosphäre herrschte und die Studenten aus 38 Nati-
onen stammten. Anfang Juli 1938 wurde S. zum Pries-
ter geweiht. Seine Dissertation »Das Kirchenjahr im
religiösen Brauchtum der Kärntner Slowenen« wurde
approbiert. Wegen der Machtübernahme der Natio-
nalsozialisten konnte er das 3. Rigorosum nicht mehr
ablegen und nicht promoviert werden. 1938 wurde S.
Kaplan in → Bleiburg/Pliberk und wurde erstmals von
der Gestapo bedroht. 1940 wurde S. nach St. Philip-
pen/Št. Lipš versetzt, von wo man seinen Vorgänger
Josef Pollak ins KZ Oranienburg deportiert und
dort zu Tode gebracht hatte. Als 60 Pfarrangehörige
Mädchen lieber zu Exerzitien anstatt zu einem von
den Nazis angekündigten Tanzabend gingen, wurde S.
am nächsten Tag von der Gestapo verhaftet und nach
→ Eisenkappel/Železna Kapla ins Gefängnis verbracht,
wo u. a. Ignacij Zupan und Jurij Pasterk, ein Bauer
aus Lobnig/Lobnik, der im April 1943 von den Nazis
in Wien enthauptet wurde, seine Zellengenossen waren.
Von dieser Zeit schrieb S. später u. a. »… Ich erlebte
wie nationaler Hass den Menschen erniedrigt und ihn
jeden Sinnes für Menschenwürde und Gerechtigkeit
beraubt und ihn blind und stumm für die Menschen-
rechte des Mitmenschen und Mitbürgers macht.« Das
Ordinariat schickte ihn schließlich am 10. Mai 1941
als Administrator nach Hohenfels im Gurktal (Krška
dolina), von dort wurde er als Provisor nach Malta ver-
setzt, wo er vier Jahre die Pastorale ausübte. Obwohl
es ihm strengstens untersagt war, Unterkärnten bzw.
→ Südkärnten/Južna Koroška zu betreten, tat er dies
gelegentlich heimlich. Über einen Kurier wurde er von
den Partisanen um Medikamente ersucht, die er orga-
nisierte und diese trotz der Gefahr persönlich übergab ;
diese Aktion wiederholte er erfolgreich.
Nach der Heimkehr nach Südkärnten/Južna Koro-
ška erlebte er so wie auch die anderen verfolgten slo-
wenischen Priester viele Enttäuschungen seitens der
Kirchenobrigkeit ; z. B. wurden sie von Fürstbischof
Köstner beim Weihnachtstreffen 1946 aufgefordert,
die überstandenen Verfolgungen als gottgewollt hin-
zunehmen und ihrer Lieblingsidee von Sprache und
Volkszugehörigkeit abzuschwören. S. bestand darauf in seine alte Pfarre, von der er von den Nazis vertrie-
ben worden war, zurückzukehren ; hier in St. Philippen/
Št. Lipš war er vom 1. Dezember 1945 bis 14. Jänner
1959 Provisor. Das Wirtschaftgebäude baute er zum
Pfarrsaal um und war bei den Aufführungen der slo-
wenischen Pfarrjugend ein engagierter Regisseur. Da S.
seine klare Haltung zum Recht der Kärntner Slowenen
auf ihre Identität unerschrocken vertrat, hatte er im-
mer wieder Schwierigkeiten mit der Diözesanleitung. S.
bewarb sich mehrere Male vergeblich um Pfarren ; als
die Pfarre Bleiburg/Pliberk frei wurde, bewarb er sich
auf Bitten der Gläubigen sowie auf Zureden von Prälat
Rudolf → Blüml und Dekan Aleš → Zechner um
diese. S. war vom bischöflichen Konsistorium bereits
zum Pfarrer von Bleiburg/Pliberk ernannt worden, auf
Intervention von deutschnationaler Seite (Metnitz)
wurde S. die Pfarre St. Michael/Šmihel zugeteilt. S. be-
treute seine Pfarrkinder pastoral und kulturell und war
bestrebt ihr Identitätsbewusstsein zu unterstützen. Vor
allem aber war S. unter den Kärntner Slowenen bekannt
und beliebt als Autor. Seine literarischen Erstlinge ge-
hen bereits auf seine Gymnasialzeit zurück, als er in
der Schülerzeitung Zvezda publizierte. Als Seminarist
schrieb er für die Zeitschrift Mentor in Ljubljana, vor
allem aber war er in der Zeitschrift Bratoljub (→ Publi-
zistik) als Autor vertreten. Seine vom slowenischen Le-
sepublikum begeistert aufgenommene Erzählung Pastir
Ciril. Izvirna povest izpod Dobrača (Der Hirte Ciril. Er-
zählung vom Fuße des Dobratsch) erschien zunächst in
Fortsetzungen in der Monatszeitschrift Vera in dom und
danach 1956 im Verlag → Mohorjeva. Die Erzählung ist
im → Gailtal/Zilja und an der Isonzofront (Soška fronta)
zur Zeit des Ersten Weltkrieges angesiedelt. Die Prota-
gonisten sind der Hirte von Achomitz/Zahomec Ciril
und die Bauerntochter Mojcika, deren Liebe die sozial
und standesbedingten Intrigen überlebt. S. zweite län-
gere Erzählung ist Sprta brata (Die verfeindeten Brüder),
in der zwei verfeindete Brüder das Verhältnis zwischen
slowenischen und deutschen Kärntnern symbolisieren. S.
gehört zu den profiliertesten Priestern und slowenischen
Kulturaktivisten unter den Kärntner Slowenen.
Quelle : ADG.
Werke : Das Kirchenjahr im religiösen Leben der Kärntner Slowe-
nen (Phil. Diss.). Innsbruck 1937 ; Pastir Ciril. Izvirna povest izpod
Dobrača. Celovec 1956 ; Sprta brata. Celovec 1994.
Lit.: SBL ; ES ; OVSBL. – J. Zerzer : Dobri pastirji. Naši rajni duhov-
niki. Celovec 2006, 301–314 ; M. Markovič (Hg) : Brata Srienc, Kristo
in Mirko. Celovec 2006.
Katja Sturm-Schnabl
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602