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Steirische Slowenen – Slowenen in der österreichischen Steiermark in der Ersten Republik
Pavel Haus, Laafeld/Potrna,
Archiv Verein Artikel 7 gung, ja Hass. So wurde der Abzug dementsprechend
gefeiert und eine Festschrift herausgegeben (Deutsches
Leid in Radkersburg). Es war nun unmöglich geworden,
sich als Sowenischsprachiger zu bekennen, ohne mit
verräterischen Tendenzen in Zusammenhang gebracht
zu werden. Zwischen dem 4. Februar 1919 und dem
13. Februar 1919 kam es zu einer militärisch geführten
Auseinandersetzung in Radkersburg/Radgona und in
Leutschach/Lučane gegen SHS-Einheiten, an der sich
auch slowenischsprachige Einwohner beteiligten. Dem
Abwehrkampf folgte am 13. Februar 1919 ein Waffen-
stillstand zur Schaffung einer Demarkationslinie bis zur
endgültigen Entscheidung auf der Friedenskonferenz
in Paris im Jahr 1920 (→ Vertrag von Saint-Germain).
Bei den Pariser Friedensverhandlungen wurden die
jugoslawischen Forderungen hinsichtlich der Unter-
steiermark/Spodnja Štajerska zum Großteil erfüllt.
Dafür mussten die Region Leutschach/Lučane und
der Radkersburger Winkel/Radgonski kot aufgegeben
werden.
Nach dem Ersten Weltkrieg hatten die Heimwehren
großen Zulauf. So gab es in den 20er-Jahren Heim-
wehrverbände in den fünf Dörfern um Radkersburg/
Radgona und auch der Heimatschutz, der dann in der
SA aufging, war verbreitet. Der Ständestaat war unbe-
liebt in der Region, die betonte Rolle der Kirche und
die Tatsache, dass man zu wenig national war, kostete
ihn Sympathien. Am Vorabend des Zweiten Weltkrie-
ges verzeichneten die Nationalsozialisten regen Zulauf,
wenn auch nicht bei allen Bewohnern der zweisprachi-
gen Gebiete. Im Jahr 1944 setzte sich im Gebiet um
Leutschach/Lučane eine Partisaneneinheit, die Abtei-
lung Lacko (Lackov odred), fest. Ihr schlossen sich ei- nige Personen in der Gemeinde Schloßberg/Gradišče
an. Kurz nach Kriegsende wurde die Abteilung nach
→ Jugoslawien abgezogen.
Jugoslawien erhob nach dem Zweiten Weltkrieg ter-
ritoriale Forderungen in Bezug auf Leutschach/Lučane
und Radkersburg/Radgona (die fünf Dörfer).
Vereine. Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg be-
siegelte auch das Schicksal des einzigen slowenischen
Vereins in Radkersburg/Radgona (der 1910 gegründet
wurde), nämlich des Katoliško izobraževalno društvo
Radgona [Katholisch-slowenischer Bildungsvereins
Radkersburg]. Die Sympathie für Jugoslawien kos-
tete den Vorsitzenden des Vereins das Leben. Mathias
Pintarič wurde am 25. April 1919 von einer Hand-
granate getötet, die in sein Haus geworfen worden war.
Der letzte Obmann des Vereins, Josef Veberič, zeigt
1929 dessen Auflösung an.
Darüber hinaus gab es jedoch ein reges religiöses
Vereinsleben, das auch die Slowenischsprachigen ein-
band (Frommer Verein zur Verehrung der schmerz-
haften Mutter Gottes Maria, Skapulierbruderschaft,
Rosenkranzbruderschaft u. a.). In Leutschach/Lučane
wurde 1870 auch ein Hermagoras-Verein gegründet.
Nach dem Jahr 1848 entfaltete die slowenische Geist-
lichkeit (aus dem Umkreis um Anton → Korošec) in
diesen Gebieten eine gewisse Aktivität. Eine wichtige
Zäsur stellt die Neuorganisation der Bistümer → La-
vant, → Seckau und → Gurk im Jahr 1859 dar. Die
neuen Bistumsgrenzen wurden zu ethnischen Gren-
zen, da Lavant als slowenische Diözese vorgesehen war
(→
Sprachgrenze). Dies markierte sowohl in seelsorg-
licher wie auch in nationalpolitischer Hinsicht eine
Weichenstellung für die Pfarren Leutschach/Lučane
und Radkersburg/Radgona. Neben ihnen waren die
Pfarren Spielfeld (Špilje), Gamlitz (Gomilica), die Fili-
alkirche Hl.
Geist/Sveti Duh, Kappel/Kapla, Oberhaag
(Zgornji Osek), sowie St. Lorenzen und St. Oswald
südwestlich von Eibiswald (Ivnik) die einzigen Pfarren
im sonst deutschsprachigen Bistum Seckau, die auch
für eine slowenische Bevölkerung zu sorgen hatten.
Für die slowenischsprachigen Bewohner des
Seckauer Bistums bedeutete dies, dass es ab diesem
Zeit punkt nicht mehr selbstverständlich war, dass es
einen slowenischsprachigen Kaplan oder Pfarrer gab.
Die Gemeindevorsteher der fünf Dörfer sandten am 28.
Mai 1858 eine Denkschrift an Bischof → Slomšek, in
der sie im Namen ihrer Kinder darum baten, in die Di-
özese Lavant aufgenommen zu werden. Während dies
anderen Pfarren wie Marija Snežna (Maria Schnee)
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602