Seite - 1302 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Strnad, Marica
Andrej Sturm
Im Vordergrund der Toman-
Hof/Toman in Zinsdorf/
Svinča vas aus der Luft,
hinten links das Anwesen
vulgo Morič
In : A. Šelih (Hg.) Pozabljena polovica. Ljubljana 2007, 65–68 ; F. Zad-
ravec, I. Grdina : Sto slovenskih pesnikov. Ljubljana 2004 ; U. Perenič :
Iz pisemske korespondence Josipa in Milana Stritarja [unveröff. Manu-
skript] 2007.
Urška Perenič ; Üb.: Katja Sturm-Schnabl
Strnad, Marica (Ps. Marica II), Schriftstellerin,
→ Frauenliteratur.
Strojnik, Neža (Volkspoetin), →
Miklavič, Pavel.
Sturm, Andrej (Andreas, * 11. Juli 1895 Zinsdorf/
Svinča vas [Magdalensberg/Štalenska gora], † 28. Feb-
ruar 1978 ebd.), Gesellschaftspolitisch engagierter slo-
wenischer Grundbesitzer und Landwirt vulgo Toman
in Zinsdorf/Svinča vas, Altgemeinde St. Thomas am
Zeiselberg/Šenttomaž pri Celovcu.
S. war das zweitjüngste Kind des Franc Sturm und
dessen Frau Maria, geb. Adamič. Als er 15 Jahre alt
war, wurde der slowenische → Kulturverein → Edi-
nost in St. Thomas/Šenttomaž pri Celovcu gegründet
(→
Klagenfurter Feld/Celovško polje). Wie alle seine
Geschwister (Blasius war in den ersten Augustta-
gen 1914 in Russland gefallen, Michael, Neža [Ag-
nes], Marija und Katharina [1903–1985]) begann er
sofort aktiv im Verein mitzuarbeiten (s. Abbildung 2.
Reihe, 2. von links ). Als er 17 Jahre alt war wurde
er am 11. Mai 1913 zum Kassier gewählt. Dies blieb
er, bis durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges
die Vereinstätigkeit zum Stillstand kam und er zum
Militär eingezogen wurde. Nach seiner glücklichen
Heimkehr begannen die Wirren der Volksabstim-
mungszeit, in der die Slowenen und ihre Institutionen
massiven Anfeindungen und vandalischen Ausschrei-
tungen ausgesetzt waren. Da die Gefahr bestand, dass
deutschnational aufgehetzte Banden die Druckerei-
maschinen der → Mohorjeva vernichten würden, ret-
tete er diese auf Anregung von Marija → Inzko, geb.
Einspieler, indem er sie heimlich über die Demar-
kationslinie in die →
Abstimmungszone A und nach
Prevalje brachte, wo die Mohorjeva Zuflucht fand und
bis 1927 wirkte. Nach der → Volksabstimmung be-
gann S. gemeinsam mit den Vereinsmitgliedern den
slowenischen Bildungsverein wieder aufzubauen und
erweiterte seinen Tätigkeitsbereich auch auf die Hra-
nilnica in posojilnica v Št. Tomažu [Spar- und Darle-
henskasse in St. Thomas bei Klagenfurt] (→ Genos-
senschaftswesen). Am 9. Mai 1926 wurde S. zu deren
Vorsitzenden gewählt. Daneben ließ er sich von Franc Roveredo zum Organisten und Chorleiter ausbilden
und dirigierte mit großem Erfolg und künstlerischem
Einfühlungsvermögen den Kirchenchor, sodass der
Kirchenbesuch für die slowenische Bevölkerung auch
einen kulturell-künstlerischen Wert hatte, bis die Na-
tionalsozialisten jedwede slowenische kulturelle Tä-
tigkeit zwangsweise einstellen ließen (→ Chorwesen,
→ Tamburizzamusik).
Als Informant für die dialektologische Dissertation
von K. Sturm-Schnabl lieferte er wertvolles Sprach-
material, das nicht nur dialektologisch, sondern auch
inhaltlich interessant ist. So überliefert er ein sloweni-
sches sog. »goldenes Vaterunser« (Zlati očenaš), das er
von seinem Vater gelernt hatte. Dabei handelt es sich
um ein nicht dem Kanon entsprechendes Sonnengebet
(→ Mythologie, → Inkulturation), das dem Vaterunser
vorangestellt wurde :
Ó ti zṷato sûnce – [Oh du goldene Sonne]
tî hréš (q) bòži hnadǝ – [du gehst zur göttlichen Gnade]
uzèmǝ ud nàs hríǝχe – [nimm von uns die Sünden]
tàm ˰ịǝχ ti poqòplǝ – [dort begrabe sie]
ziútra pa (q) hòr prídaš – [morgens, dann wenn du aufstehst]
pǝrnèsǝ nam hnâdǝ du nabîǝs [bringe uns die Gnade vom Himmel]
na ṷěčne čáse. – [für ewige Zeiten]
1927 stiftete S. neue Orgelpfeifen für die Filialkirche
St. Lorenzen/Šentlovrenc, die während des Ersten
Weltkrieges requiriert worden waren, und übernahm
die Kosten für den Restaurator, den »jungen Orgel-
bauer H. Josef Kuhs vulgo Smrečniksohn«. Die ge-
samte Zwischenkriegszeit des 20. Jh.s war für die
Kärntner Slowenen extrem schwierig. Die Wahrung
der eigenen → Identität, also der Kultur und Sprache,
erforderte größte Anstrengungen, denn der deutsch-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602