Seite - 1316 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Širok, Karl
KD Šentjanž
KD Vinko Poljanec
Bereits ein Jahr nach dem Plebiszit hat sich der Ver-
ein neu konstituiert. Treibende Kraft bei der Erneue-
rung war Florijan →
Lapuš, der 1921 aus russischer
Kriegsgefangenschaft heimgekehrt war. Das Laien-
theaterwesen blühte wieder auf, obwohl dem Verein
seitens der damaligen Gemeindevertretung zahlreiche
Hürden in den Weg gelegt wurden. 1923 wurde das
beliebte Volksstück Miklova Zala mit großem Erfolg
aufgeführt (vgl. Jakob → Sket). Ab 1923 stand dem
Verein der Veranstaltungsraum im Gasthaus Tišlar zur
Verfügung. Ivan Müller leitete mit großem Idealis-
mus den Männerchor und das Tamburizzaensemble
(→ Tamburizzamusik). Aus der Vereinsbibliothek hol-
ten sich Lesehungrige sonntags nach der Messe neue
Lektüre. Auf besonders beliebte Bücher musste man
monatelang warten. Die meisten lernten außerhalb der
Schule Slowenisch lesen und schreiben. Ausnahme war
der Religionsunterricht, denn in der utraquistischen
Schule war Slowenisch nur Hilfssprache im ersten
Schuljahr (→ Schulwesen). Viele Vereinsmitglieder
waren auch in der Gemeindepolitik erfolgreich tä-
tig. Bei den letzten freien Wahlen 1932 erreichte die
→ Koroška slovenska stranka [Kärntner Slowenische
Partei] sogar die absolute Mehrheit. Matevž Krasnik
war 13 Jahre lang (von 1924–1937) → Bürgermeister
der Gemeinde Weizelsdorf/Svetna vas und bereits von
1903–1937 Vorsitzender der örtlichen Hranilnica in
posojilnica Šentjanž [Spar- und Darlehenskassa St. Jo-
hann] (→ Genossenschaftswesen).
Die Kultur- und Bildungsarbeit zu Beginn der 30er-
Jahre geriet sehr stark unter den Einfluss der damals
vorherrschenden Ideologie einer christlich orientierten
Ständegesellschaft. Beherrschendes Thema war der Ge-
gensatz zwischen einem idyllischen, religiös bestimm-
ten Leben auf dem Dorf, wo jeder »Stand« seine ihm
zugeteilte Rolle spielt, und dem »verdorbenen, gottlo-
sen« Stadtleben. Auch in den 30er-Jahren wurden im
Rahmen des Bildungsvereins Theaterstücke aufgeführt
und Vorträge über aktuelle Fragen gehalten. Der Män-
nerchor erlebte einen neuen Höhenflug, wovon ein
großes Sänger- und Tamburizza-Treffen in St. Johann/
Šentjanž und zwei Tourneen nach Slowenien zeugen.
Die nationalsozialistische Bewegung, ab 1933 zwar
verboten, wurde auch in der Gemeinde Weizelsdorf/
Svetna vas stärker. Der Druck auf die aktivsten Mit-
arbeiter des katholischen slowenischen Bildungsvereins
wuchs.
Die NS-Herrschaft bedeutete eine tiefe Zäsur.
Gleich nach der Machtübernahme wurde die Tätigkeit des Slowenischen Bildungsvereins stark behindert und
nach dem Überfall auf Jugoslawien 1941 gänzlich ver-
boten. Es folgten Verhaftungen von führenden Vereins-
mitgliedern. Am 15. April 1942 wurden die Familien
Lapuš, Gabriel und Wieser aus Hundsdorf/Pod-
sinja vas in das Altreich deportiert (→ »Generalplan
Ost«, → Deportationen 1942). Die slowenische Spra-
che wurde in der Öffentlichkeit und auch in der Kirche
verboten. Der Pfarrer Dr. Ivan Lučovnik wurde nach
Oberkärnten/Zgornja Koroška versetzt. Die wertvol-
len Kostüme und Kulissen des Kulturvereins wurden
konfisziert, alle 700 Bücher aus der Vereinsbibliothek
verbrannt (→ Kulturgeschichte). Lediglich die Verein-
schronik und der samtene Bühnenvorhang konnten
gerettet werden. Die nationalsozialistische Verfolgung
führte sehr bald zur Unterstützung der Widerstandsbe-
wegung durch breite Bevölkerungskreise. Viele Männer
und Frauen kamen daraufhin ins Gefängnis, einige in
Konzentrationslager. Andrej Permož, in den 30er-
Jahren Vorsitzender des Slowenischen Bildungsvereins,
wurde im Juli 1944 wegen Unterstützung der Partisa-
nen verhaftet, in das Konzentrationslager Dachau de-
portiert, wo er im April 1945 starb oder umgebracht
wurde.
Lit.: Št. Pinter : Na poti skozi čas – kultura v Šentjanžu in okolici skozi
90 let ; [naša regija]/Auf dem Weg durch die Zeit. Klagenfurt/Celovec
1996.
Web : www.spd-sentjanz.at (20. 1. 2013).
Štefan Pinter
Širok, Karl, → Widerstandsbewegung, → Knez, Alojz.
Škocjan, Slovenska krščanska-socialna čitalnica
[Slowenischer christlichsozialer Leseverein St. Kan-
zian], Vorgängerorganisation des Slovensko prosvetno
društvo »Vinko Poljanec« [Slowenischer Kulturverein
»Vinko Poljanec«] in St. Kanzian am Klopeiner See/
Škocjan v Podjuni, errichtet 1906 auf Initiative von
Pelegrin Wunček, der ein Zusammentreffen junger,
kulturbewusster Gemeindebürger organisierte. Neben
Pelegrin Wunček treten dabei noch Miha Kačnik,
vulgo Joger, Rok Loker, Miha Kačnik, vulgo Rjavc,
Janez Tribuč u. a. bei der Gründung der Slovenska kr-
ščanska-socialna čitalnica Škocjan [Slowenischer christ-
lich-sozialer Leseverein St. Kanzian] auf.
Wesentliches Ziel der katholisch-konservativen Ver-
einigung war im Geiste der Zeit die Pflege der sloweni-
schen Sprache und Kultur durch Erwachsenenbildung
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602