Seite - 1336 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Bild der Seite - 1336 -
Text der Seite - 1336 -
1336
Tanz
ten, verzögerte sich die Wiederaufnahme dieser mu-
sikalischen Tätigkeit (→ Vertreibung 1920). Bis zum
Zweiten Weltkrieg entstanden nach und nach sogar 23
Tamburizzavereine (→ Kulturvereine, → Zarja). Nach
1935 veranstaltete der damalige zentrale Kulturverband
der Kärntner Slowenen →
Slovenska prosvetna zveza
sehr beliebte jährliche Tamburizzafestivals, bei denen
auch schon Frauen und Mädchen mitwirkten. Mit dem
Anschluss 1938, spätestens aber mit dem Überfall Hit-
lers auf Jugoslawien 1941 fand die Tamburizzakultur
erneut ein jähes Ende. Die Nationalsozialisten vernich-
teten Instrumente und Notenmaterial, das ihnen in
die Hände fiel. Sie deportierten auch führende Funk-
tionäre, so Florjan → Lapuš aus Hundsdorf/Podsinja
vas, Janko → Ogris aus Ludmannsdorf/Bilčovs, Filip
Dragašnik aus Köstenberg/Kostanje, Lovro Kra-
mar aus Schiefling/Škofiče und Andrej Ogris aus
Gallizien/Galicija (→
»Generalplan Ost«, → Depor-
tationen 1942). Von diesem Schicksalsschlag konnte
sich die Tamburizzatradition in Kärnten/Koroška nach
1945 nur in Ausnahmefällen erholen.
Lit.: V. Lokar-Lavrenčič, H. Gabriel : Po sledeh tamburaštva na
Koroškem. Celovec [e. a.] 2005 [mit CD].
Hanzi Gabriel
Tanz. Der T. im südlichen Teil des historischen Herzog-
tums Kärnten/Koroška, d. h. im → Val Canale/Kanaltal/
Kanalska dolina (im heutigen Italien), im → Gailtal/
Ziljska dolina, im →
Rosental/Rož, auf der → Satt-
nitz/Gure, im →
Klagenfurter Feld/Celovško polje
und im → Jauntal/Podjuna sowie in der → Mežiška
dolina (Mießtal) (im heutigen Slowenien) umfasst ein
äußerst weites Spektrum, das nicht in allen Segmenten
systematisch erforscht ist. In der Praxis bezieht sich der
Begriff meist auf den sog. Volkstanz, der vor allem unter
der ländlichen Bevölkerung weit verbreitet war. Weni-
ger erforscht sind die verschiedenen Tänze des urbanen
Umfelds und die Tänze der reicheren Gesellschafts-
schichten und des Adels.
Die Quellen zum T. sind bis zum Ende des 19. Jh.s
relativ dünn gesät, und der T. wird in der Regel ledig-
lich erwähnt oder rudimentär beschrieben. Die älteste
Quelle stellt der Schwabenspiegel aus dem 14. Jh. dar,
bei dem jedoch T. im weitesten Sinn als Teil eines Ritus
verstanden werden muss. T. ist in diesem Sinn auch die
Begehung, d. h. das kultische Umschreiten des → Fürs-
tensteins anlässlich der Kärntner → Fürsten- bzw.
Herzogseinsetzung. Die nächste relevante Quelle ist die Reisebeschrei-
bung von Edward Brown aus dem Jahre 1685, in der
dieser den T. des hl. Veit (chorea Sancti Viti) erwähnt.
Ob es sich dabei um einen besonderen T. oder eine an-
dere rhythmische Bewegungsfolge handelt, die in der
Vergangenheit in ganz Europa bekannt waren, ist nicht
gänzlich geklärt. Julius H. G. Schlegel berichtete in
seinem Werk Reise durch einige Theile vom mittäglichen
und dem Venetianischen aus dem Jahre 1798 als Erster
vom T. der Gailtaler/Ziljani und beschrieb diesen auch
teilweise. In seiner Arbeit führte er sechs Melodien des
steirischen Tanzes an, die in dieser Zeit in Kärnten/
Koroška beliebt waren (→ prvi rej).
Eine bedeutende Quelle im Hinblick auf Tänze in
→ Südkärnten/Južna Koroška ist die Handschrift aus
dem Jahre 1819, aus der Sammlung von Josef von
Sonnleitner, eines der Mitbegründer der Gesell-
schaft der Musikfreunde in Wien. Diese enthält neben
einigen Angaben zum T. selbst auch entsprechendes
Notenmaterial.
Im Jahr 1838 sendete die Gubernialleitung in
Ljubljana als Teil der Vorbereitungen des Kaiserbe-
suches, bei dem die Bräuche der ländlichen Bevölke-
rung gezeigt werden sollten, fünf Kreisverwaltungen
ein Rundschreiben zu Trachten, Festen und Tänzen.
Für einige Orte sind die damals bekannten Tänze und
dazu einzelne Anmerkungen angeführt. Gegen Ende
des 19. Jh.s steigt die Zahl der relevanten Quellen, doch
bleiben die Beschreibungen der einzelnen Tänze in der
Mehrzahl noch relativ beschränkt, zumal sie sich vor
allem in verschiedenen Reisebeschreibungen, Tagebü-
chern, Briefen, in Zeitungen und Ähnlichem befinden.
Trotzdem erscheinen einige Beiträge, die vor allem
die Umstände, unter denen der T. aufgeführt wird, be-
schreiben, so z. B. im Werk Die Österreich-ungarische
Monarchie in Wort und Bild, 1. Heft – Kärnten und Krain.
1935 veröffentlichte France → Marolt Tri obredja
iz Zilje [Drei Riten im Gailtal]. In diesem Werk wid-
mete er seine besondere Aufmerksamkeit den musik-
wissenschaftlichen und choreografischen Aspekten.
1958 erschien die Sammlung Slovenski ljudski plesi
Koroške [Die slowenischen Volkstänze Kärntens], die
jedoch auf einer Rekonstruktion auf der Grundlage von
unzuverlässigen mündlichen Quellen basiert.
In den 80er-Jahren des 20. Jh.s erforschte Mirko
Ramovš die Tradition des T. in Kärnten/Koroška sys-
tematisch und gab im Jahr 2000 ein umfassendes Werk
heraus : Polka je ukazana – Plesno izročilo na Slovenskem.
Koroška in zahodna Štajerska [Die Polka ist angesagt
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602