Seite - 1343 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Terminologie
Neznano in pozabljeno iz 18.
stoletja na Slovenskem Koroške) der mit den hinlänglich bekannten Begriffen
→
windisch und → Windischentheorie kaum etwas
gemein hat. Für die Sprecher des Slowenischen ist im
Übrigen der Begriff »windisch« außerhalb eines klaren,
nicht suggestiven historischen Kontextes im modernen
Deutsch falsch, irreführend und abwertend bzw. herab-
würdigend und damit politisch nicht korrekt und zwar
auch wenn es nunmehr ein regionales Quasi-Ethno-
nym die → Windischen gibt.
Mit dem in der allgemeinen historischen Literatur
durchaus bekannten Begriff des → Personalitätsprin-
zips eröffnen sich im spezifischen Kärntner Kontext
wesentliche zusätzliche Erklärungsmodelle für das Ver-
ständnis des Konzeptes der → Kontinuität. Denn da-
mit wird nicht nur die nunmehr allgemein anerkannte
Kontinuität von der keltisch-römischen, frühchristli-
chen Antike in Bezug auf Sprachreste, → Orts- und
→
Bergnamen sowie auf kirchenrechtliche Traditionen
verständlich, sondern vor allem die Kontinuität zwi-
schen der Gesellschaftsordnung, dem Rechtssystem,
der Sprache und der Siedlungsgeschichte des Fürsten-
tums → Karantanien bzw. zwischen der karantanischen
Staatlichkeit und Kärnten/Koroška bzw. zwischen Ka-
rantanien und der slowenischen Geschichte, zumal
letztere vielfach noch immer als historische Zufallser-
scheinung dargestellt wird.
Zudem ist in der slowenischen Kulturgeschichte
durchaus auch Raum für weitere differenzierende Be-
griffe und Konzepte wie →
altslovenisch (für → Altkri-
chenslawisch) und → altslowenisch (für ältere Formen
des Slowenischen) oder → Karantanerslowenisch (für
das Slowenische in seiner staatsrechtlichen Funktion
seit der Schaffung der den → Freisinger Denkmälern
zugrunde liegenden Texte zur Zeit Karantaniens). Die
in der slowenischen linguistischen Fachliteratur etwa
von Orožen verwendeten Begriffe alpska slovenščina
und panonska slovenščina werden mit »Slowenisch des
Alpenraumes« und »Slowenisch des pannonischen
Raumes« übersetzt, um insbesondere das für die Spra-
che nach der Entstehung der Freisinger Denkmäler und
der Entwicklung der slowenischen → Liturgiesprache
nicht mehr adäquate → »alpenslawisch« zu vermeiden.
Bisweilen werden historische Phänomene auf der
Grundlage der historischen → Quellen am ehesten
mit historischen Begriffen terminologisch benannt, so
→
Carantani (Karantaner, bisweilen noch Karantanen),
→
duces Carantanorum und → carmula, weil sie neut-
raler erscheinen und weniger ethnisch vereinnahmend
aufgefasst werden. Dabei gibt es u.
U. parallel zwei oder mehrere Begriffe zum »selben« Phänomen, so die enzy-
klopädischen Einträge → in pago Crouuati und → Kro-
atengau oder →
karantanisch-Köttlacher Kulturkreis.
Nicht endgültig und einheitlich bestimmt sind auch
die Konzepte und Begriffe die slawische/slowenische
Toponymie außerhalb von Kärnten/Koroška betref-
fend, auch weil dem zugrunde liegende Konzepte von
Sprache, Glottonymie und Ethnonymie einem Prozess
unterliegen (vgl. alpenslawische [slowenische] → Topo-
nyme in der Steiermark und slawische bzw. slowenische
→ Toponyme in Osttirol und in Salzburg). Diese spiegeln
einen breiten wissenschaftlichen Diskurs und durch-
aus legitime unterschiedliche Gewichtungen. Auf der
Grundlage neuer Erkenntnisse zur »alpenslawisch«-
karantanisch-slowenischen Kontinuität bietet sich
auch eine den kognitiven Erfordernissen angepasste
T. an, so etwa durch die Begriffe → Slovenia submersa
(statt dem ebenso verwendeten Slavia submersa) und
karantanerslowenische → Rechtsinstitutionen und karan-
tanerslowenische → Personennamen.
Historische Ereignisse und Prozesse können erst kri-
tisch betrachtet werden, wenn sie terminologisch iden-
tifiziert und beschrieben sind. Die Kärntner → Lan-
desverfassung 1849 war bisher kaum ein Thema, weder
in der einschlägigen deutschsprachigen noch in der
slowenischsprachigen Fachliteratur. Ähnliches gilt für
das zweisprachige Kärntner →
Landesgesetzblatt für
das Jahrzehnt von 1850 bis 1859. Nicht verwunderlich
ist es also, dass der literaturüblich in der slowenischen
historischen und politologischen Fachliteratur verwen-
dete Begriff → »ustavna doba« [Verfassungsepoche]
den Zeitraum ab dem Oktoberdiplom 1860 bzw. dem
Februarpatent von 1861 umfasst, während die vor-
hergehenden Verfassungen ab 1848 (Pillersdorf’sche
Verfassung, Kremsierer Entwurf, → Oktroyierte März-
verfassung und die einschlägigen Landesverfassungen),
das heisst die Zeit des Frühkonstitutionalismus zwi-
schen 1848 und 1851, als terminologisch-konzeptuell
weder unter diesem noch unter einem anderen integra-
tiven Begriff subsumiert werden (der im slowenischen
Diskurs vielfach aufscheinende Spezialbegriff des
Bach’schen Absolutismus beginnt verfassungsrecht-
lich erst mit dem Inkrafttreten des Silvesterpatents
1851, d. h. mit dem 1. Jänner 1852). Der slowenische
Begriff »ustavna doba« ist nicht mit dem in der öster-
reichischen Geschichtsschreibung verwendeten Begriff
Verfassungsgeschichte (slow. ustavna zgodovina) gleichzu-
setzen. In der österreichischen historischen Literatur
beginnt die moderne österreichische Verfassungsgeschichte
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602