Seite - 1357 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Tolmaier, Janko
Buchcover, Mohorjeva
Landesregierung zurücklegen. Den Slowenen wurde es
verwehrt, bei den Landtagswahlen im November 1945
mit einer eigenen Liste anzutreten. Die Folgen der
Nachkriegsentwicklung sind schicksalhaft und schwer-
wiegend. Eine von ihnen ist auch die Spaltung in ein
christlichsoziales und in ein sozialistisch-linkes Lager.
Es wurden tiefe Gräben aufgerissen. Um zu retten, was
noch zu retten war, gründete T. mit seinen Mitstrei-
tern am 28. Juni 1949 im Haus der → Mohorjeva die
Organisation Narodni svet koroških Slovencev [Rat der
Kärntner Slowenen]. T.s Leben war mehrmals äußerst
gefährdet.
Am 15. Mai 1955 wurde in Wien der Staatsvertrag
betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, der sog. Österreichi-
sche Staatsvertrag, unterzeichnet. Im Artikel 7 sind die
Rechte der Slowenen in Kärnten/Koroška und in der
Steiermark/Štajerska und der Kroaten im Burgenland/
Gradiščanska niedergeschrieben (→ Vertrag von Saint-
Germain, → Steirische Slowenen).
Am 11. Oktober 1955 adressierten der Narodni svet
koroških Slovencev [Rat der Kärntner Slowenen] und die
Zveza slovenskih organizacij na Koroškem [Zentralverband
slowenischer Organisationen in Kärnten] (Obmann Dr. Franci → Zwitter) ein Memorandum an die Wiener
Regierung. Es war dies das erste gemeinsame Auftreten
der politischen Führung der Kärntner Slowenen nach all
den unheilschwangeren Zerwürfnissen der letzten zehn
Jahre. Im Jahre 1957 öffnete das Slowenische Gymna-
sium in Klagenfurt/Celovec die Tore ; Direktor wurde
T. Die antislowenische Hetze der Deutschnationalen
errang am 22. September 1958 ihren großen sichtbaren
Erfolg (→ Deutschnationale Vereine). Landeshaupt-
mann Ferdinand Wedenig setzte die Verordnung über
das obligatorische zweisprachige Schulwesen aus 1945
außer Kraft. Dies ist der entscheidende Markstein zur
Verdrängung des Slowenischen aus der Öffentlichkeit.
Die Entwicklung zeigt, von welch enormer Bedeutung
das Slowenische Gymnasium für das Überleben der
→ Volksgruppe ist. Die Kärntner Slowenen nennen Di-
rektor T. völlig zu Recht Oče Slovenske gimnazije [Vater
des Slowenischen Gymnasiums]. Hiemit setzten sie ihm
das verdiente Denkmal.
T. zog sich nach der Pensionierung Ende des Jah-
res 1967 nicht aus der Öffentlichkeit zurück. Er warnte,
machte auf Verhängnisvolles aufmerksam, er mahnte,
munterte auf, er begeisterte, sprach Mut zu. Er war ein
aufrichtiger Freund der Jugend. Im Jahre 1972 wurde
er in sehr schwierigen Umständen wieder Obmann des
Narodni svet koroških Slovencev [Rat der Kärntner Slo-
wenen]. T. wurde zur Symbolfigur der Kärntner Slowe-
nen und ihrer Bestrebungen, die nationale Identität auf
allen Ebenen zu wahren.
Werke : Die Wärmeentwicklung des Radiums und seiner Zerfallspro-
dukte (Diss.). Wien 1926 ; Die Sprachenfrage in Kärnten vor 100 Jahren
und heute. Auswahl deutscher Zeitdokumente und Zeitstimmen. Rat
der Kärntner Slowenen. Klagenfurt 1957.
Lit.: Narodni svet koroških Slovencev : Zvest domu, narodu in Bogu. 40
let Narodnega sveta koroških Slovencev. 10 let smrti dr. Joška Tischlerja.
Celovec 1989 ; S. Karner, A. Moritsch (Hg.) : Aussiedlung – Verschlep-
pung – nationaler Kampf. Kärnten und die nationale Frage. Band 1.
Klagenfurt 2005. 320 f.; H. Filipič (Red.) : Joško Tischler, Simpozij o
dr. Jošku Tichlerju. Zbornik predavanj in prispevkov. Celovec 2009 ;
J. W. Schaschl (Hg.) : Als Kärnten seine eigenen Kinder deportierte. Die
Vertreibung der Kärntner Slowenen 1942–1945, Historischer Überblick
– Zeitzeugenerzählungen – Briefe und Dokumente. Klagenfurt/Celovec
2012 ; K. Sturm-Schnabl : Aus den Erinnerungen eines Kindes an die
NS-Zeit. In : Erinnerungen. Lebensgeschichten von Opfern des Nati-
onalsozialismus. Hg. Renate Meissner im Auftrag des Nationalfonds.
Wien 2012, 64–73.
Jože Wakounig
Tolmaier, Janko (Bibliothekar der Vereinsbücherei,
Kulturaktivist), → Radiše. Katoliško slovensko izobraže-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602