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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Seite - 1385 -
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1385 Umgangssprache Soziolekte darunter subsumiert werden). Im zwei- oder mehrsprachigen Kontext ist die U. ein Hinweis auf die soziologisch dominierende Sprache, wenn U. Mutter- sprache suggeriert (siehe unten Sprachzählungen). Mitrović, Koruza folgend, weist darauf hin, dass noch im 17. Jh. im slowenischen Sprachraum die tägli- che U. in allen gesellschaftlichen Schichten, einschließ- lich des Adels, Slowenisch gewesen sei, wie es auch die erhaltene Korrespondenz weiblicher Adliger und die Gelöbnisformeln in weiblichen Klöstern belegen (→  Adelssprache ; →  Coraduzzi, Ester Maximiliana). Die Verankerung des Slowenischen als Verkehrs- und Umgangssprache spiegelt sich in zahlreichen →  In- schriften, insbesondere auf →  Chronogrammen und gemalten →  Kreuzwegen. Sie manifestierte sich lange auch im wirtschaftlichen Leben, wie es eine kulturhis- torisch interessante Publikation aus dem Jahr 1876 zu metrischen Maßen für die Holzverarbeitung und für die Holzkohlegewinnung dokumentiert, die von der Waldaufsicht des Hüttenberger Vereines für Erzeugung von Eisenprodukten in Klagenfurt/Celovec (gozdarsko nadzorništvo Hüttenberškega društva za pridelovanje železnih tvarin v Celovcu) erstellt und vom Kärntner Forstverband (Koroško gozdarsko društvo) auf Slowe- nisch herausgegeben wurde. Das Slowenische war noch bis 1938 eine derart starke U. in Kärnten/Koroška, dass eine breite Schicht der Bevölkerung etwa im →  Klagen- furter Feld/Celovško polje erst in der Schule Deutsch erlernte und später während des Zweiten Weltkriegs auch Zwangsarbeiter slawischer, meist polnischer oder ukrainischer Herkunft trotz Verbots des Slowenischen nordöstlich von Klagenfurt/Celovec zuerst slowenisch bzw. den örtlichen Dialekt lernten (Sturm-Schnabl). Umgangssprache als Rechtsbegriff von Spra- chenzählungen. Im Kärntner historischen Kontext ist U. insbesondere eine sprachpolitische und rechtliche Kategorie bei →  Sprachenzählungen zwischen 1880 und 1923, d. h. die »Sprache, der sich die zu zählende Person im gewöhnlichen Umgang bedient« (Fragestel- lung 1880). 1923 wird nach der »Denksprache« gefragt, 1934 nach der Sprache des Kulturkreises (1951–2001 wurde wieder nach der Umgangssprache gefragt), wo- bei nach Reiterer die Fragestellung eine völlig unter- geordnete Rolle spielte und die betroffenen Menschen sehr gut wüssten, was gemeint sei : »Sie [die Sprachen- zählungen] werden als Frage nach der ethnischen Zu- gehörigkeit und dadurch wieder als Frage nach der So- lidarität von Minderheiten gegenüber den Mehrheiten gestellt und verstanden.« Die Fragestellung nach der U. erlaubte es statistisch, aufgrund soziolinguistischer, wirtschaftlicher und poli- tischer Faktoren, die wirtschaftlich und politisch nicht dominierenden Sprachen bzw. deren Sprachgruppen zu schwächen und die dominanten Sprach-Eliten in ihrer Dominanz zu stärken (Deutsch weitgehend in Cisleithanien, Ungarisch in Transleithanien, Italienisch im Küstenland/Primorje und Dalmatien). Aus einer zeitgenössischen Quelle aus dem Jahr 1914 wird dies wie folgt untermauert : »Die Muttersprache könnte eine Auskunft über Abstammung, aber nicht über die gegenwärtigen Sprachenverhältnisse bieten … Bei der Annahme der Umgangssprache als Grundlage für die Beurteilung der Völkerzahl ist die Wirkung, daß die Mehrheiten, die herrschenden Völker jedes Ortes, stärker erscheinen, als die Verteilung nach der Muttersprache ergeben würde, unvermeidlich« (W. Hecke). Relevant war dies insbesondere in den sprachlichen Randberei- chen und urbanen Zentren, aber auch in den geschlos- sen slowenisch besiedelten Gebieten →  Südkärntens/ Južna Koroška. Trotz ihrer realen Präsenz war es so in einem scheinbaren rechtsstaatlichen Rahmen möglich, die Slowenen (wie auch andere →  »Minderheiten«/ Volksgruppen) im Hinblick auf politische Rechte u. a. dank der Manipulationen und der Einschüchterung von deutschnational orientierten Zählkommissaren mit Mitteln der sog. statistischen →  Germanisierung »weg- zuzählen«. Damit wurden die rechtlichen Grundlagen kreiert, ihren Sprechern politische Grundrechte nicht zu gewähren, um die tatsächliche →  Germanisierung zu forcieren und die Dominanz der Eliten zu stärken. Solchermaßen durchgeführte Sprachenzählungen hat- ten/haben vornehmlich den Wert von soziologischen Indikatoren (→  Zweisprachigkeit). Die Manipulation und ethnopolitische Instrumentalisierung des Begriffs U. ist im Rahmen der Volkszählung 1910 besonders gut dokumentiert. Nach Malle führte diese faktisch der mit den Behörden kooperierende deutschnationale Volksrat durch und bediente sich dabei der Druckmittel des Behördenapparates mit dem Ziel, die Zahl der Slo- wenen statistisch gering erscheinen zu lassen und das geschlossene slowenische Gebiet Südkärntens zu zer- splittern. Es wird von systematischen Unregelmäßig- keiten und willkürlichem Verhalten der Zählkommis- sare bei der Volkszählung berichtet. So wurde bisweilen gar nicht nach der Umgangssprache gefragt, sondern einfach »deutsch« eingetragen, oder es wurde Deutsch bei jenen eingetragen, die nur einige Worte sprachen. In slowenischen Gemeinden wurden deutsche Kommis-
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
3 : PO - Ž
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
566
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
  2. Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
  3. Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
  4. Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
  5. Verzeichnis der Abbildungen 1580
  6. Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
  7. Biographien der Herausgeber 1602
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