Seite - 1406 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Verfolgung slowenischer Priester ab 1938 in Kärnten/Koroška
lage geschaffen, um beim Slowenischen »weghören« zu
können. So wurde damit der Weg zum → Sprachverfall
geebnet, denn zuvor hatte die slowenische Bevölkerung
durchaus die slowenische Standardsprache verstanden.
»Ethnische Säuberungen« in den Reihen der
slowenischen Priesterschaft in Kärnten/Koroška
(→ »Ethnische Säuberungen«). Mit dem → »An-
schluss« am 12. März 1938 waren die Slowenen in
Kärnten/Koroška dem gesetzlich legitimierten Staats-
terror ausgeliefert, dessen lokale und regionale Akteure
vor und nach dem Einmarsch im Wesentlichen die-
selben geblieben waren. Ideologisch und methodisch
waren die Kärntner Akteure akribische Vollstrecker des
zwischen 1939 und 1942 ausgearbeiteten → »General-
plan Ost«.
Erstes kirchliches Opfer der NS-Diktatur und ers-
ter zum Tode gebrachter Kärntner Slowene war Vinko
→ Poljanec. Noch am Tag des Einmarsches wurde
erstmals ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet und
die Untersuchungshaft verhängt, danach wurde er
wieder freigelassen und erneut verhaftet und terrori-
siert, bis er im August 1938 an den Folgen der Haft
in St. Kanzian/Škocjan starb. Poljanec gilt als erstes
Opfer des NS-Terrorregimes unter den Slowenen.
Malle (1992) verweist auf die stark personenbezo-
genen Interventionen der Nazis bei Bischof → Hefter
in den Tagen nach dem »Anschluss«, die mit der Forde-
rung der Versetzung von sechs namentlich genannten
slowenischen Priestern aus »sicherheitspolizeilichen
Gründen« einhergingen (diese waren : Rudolf Blüml,
Janez → Starc, Matej Wornig, Tomaž → Holmar,
Franc Vuk und Janez → Sekol). Der Staatsterror ge-
gen das Slowenische erfasste alle Bereiche der Kirche,
in denen die Sprache noch in eingeschränktem Maße
in Verwendung war (etwa der Religionsunterricht bis
Pfingsten 1941). In den ersten Tagen nach dem »An-
schluss« wurden vom NS-Terrorregime laut Malle
der Verfolgung ausgesetzt : Jože → Dobernik, Franc
→ Fertala, Franc Havliček, Martin Kuchler, An-
ton →
Kuchling, Anton → Kutej, Alojzij Marašek,
Konrad Mente, Matej Nagele, Jožef → Pollak, Dr.
Oton/Otto →
Schuster, Štefan → Singer, Len-
art Trabesinger und Alojzij → Vauti. Dabei hatte
die sicherheitspolizeiliche Überwachung laut Malle
bereits zu Zeiten der Ersten Republik unter dem ge-
schäftsführenden Vorsitzenden des Kärntner Hei-
matbundes Maier-Kaibisch (→ Deutschnationale
Vereine) eingesetzt, der den staatlichen Organen nicht
traute. Laut Tropper 1998 zählt zu den ersten KZ-Opfern
Franz → Fertala (geb. 18. Februar 1904 in → Arnold-
stein/Podklošter), der noch »1939 wegen ›Geldsamm-
lung im Ausland‹, später wegen ›Slowenenseelsorge in
der Diözese Passau‹ [verhaftet]« wurde«. Laut Fried
war er seit Juli 1943 im KZ Dachau. Nikolaus L’hoste
(geb. 22. Oktober 1891 in Niederlinxweiler, Kreis
St. Wendel, Preußen), der als Augenzeuge seine Erin-
nerung an Otto Schusters Leidensweg im KZ nie-
derschrieb, war laut Tropper seit 26. März 1939 bis zur
Flucht im Mai 1945 in Haft. Dr. Oton/Otto → Schus-
ter war laut Tropper »seit 9. September 1939 wegen
angeblicher Homosexualität [in Haft], [er ist] gestorben
am 25. August 1942 in Dachau, nach anderen Quellen
vergast in Hartheim«. Schuster war für medizinische
Versuche herangezogen worden. Josef/Jožef → Pollak
(geb. 2. Februar 1874 in Tržič) war laut Tropper, der
Quellen zitiert, »[in] Haft seit November 1939, weil
er ›als Geistlicher in offener und versteckter Form ge-
gen den Staat hetzt, das Vertrauen der Bevölkerung zur
Staatsführung zu untergraben unternimmt und zu der
Befürchtung Anlass gibt, er werde sein staatsfeindliches
Verhalten auch weiterhin fortsetzen und insbesondere
während des Krieges den Zusammenhalt der inneren
Front stören suchen‹«. Er verstarb laut Tropper am 25.
Juli 1940 in Oranienburg. Štefan → Singer war laut
Tropper »[i]n Haft seit Jänner 1940 wegen des Auf-
klebens einer Briefmarke mit dem Porträt Dolfuß’«. Er
war laut Fried in Haft seit 1940 und längere Zeit bis
zum 15. Dezember 1943 im KZ Dachau. Anton → Ku-
tej (geb. 13. Juli 1909 in Klagenfurt/Celovec), eine
Symbolfigur des frühen Widerstandes gegen die Nazis,
war laut Tropper »[i]n Haft seit 26. März 1940 wegen
›Unterschriftenverweigerung im Wehrpaß‹. Er starb am
19. Februar 1941 in Dachau.«
Mit dem Überfall auf → Jugoslawien am 6. April
1941 fiel noch die letzte völkerrechtlich-strategische
Selbstbeschränkung des Terrors. Die Gestapo verhaf-
tete fast alle slowenischen Priester einschließlich jener,
die außerhalb des slowenischen Landesteiles wirkten,
mit dem Ziel der → »ethnischen Säuberung« in den
Reihen der slowenischen Priesterschaft in → Süd-
kärnten/Južna Koroška ebenso wie in den besetzten
Gebieten Sloweniens bzw. Jugoslawiens. Laut Fried
waren es in Kärnten/Koroška 39 slowenische Priester,
die am 6. April 1941 verhaftet wurden. Da sich auch
das Ordinariat der Gefahr der Deportation in KZs be-
wusst war, wurden am 25. April 1941 Verhandlungen
mit der Gestapo aufgenommen, um eine Versetzung in
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Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602