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Volksabstimmungspropaganda
ten unterstützten folglich die deutschnationale Argu-
mentation im Rahmen der V. und äußerten bisweilen
lediglich unwesentliche Bedenken, wenn es zu allzu
offensichtlichen Exzessen der Deutschnationalen kam.
Sie betonten einige sozialistische und für die Arbeiter-
schaft angepasste Argumente, die sich vor allem auf die
wirtschaftlichen und politischen Vorteile Österreichs
als »freie Republik« bezogen, in der die Macht vom
Volke ausgehe und die die beste sozialpolitische Gesetz-
gebung habe. Die Partei vertrat die Ansicht, dass die
Arbeiterklasse verpflichtet sei, für Österreich zu stim-
men, und machte auf den obligatorischen Militärdienst
im Königreich SHS aufmerksam sowie auf die Gefahr
eines drohenden Krieges zwischen Italien und dem neu
gegründeten jugoslawischen Staat. Die sozialdemokra-
tischen Führer hoben hervor, dass die Volksgruppen-
rechte und die nationale und kulturelle Entwicklung
der Slowenen in Kärnten/Koroška mit der Einführung
einer → Kulturautonomie gewährleistet werden müsse
und dass sie sich dafür besonders einsetzen würden. Sie
verließen gänzlich die neutralen Positionen der Sozial-
demokratie im Bezug auf die nationale Frage, wie sie
sie zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie
und während des Ersten Weltkrieges vertreten hätte.
Die jugoslawische Seite baute ihre Propaganda auf-
grund der statistischen Angaben und tatsächlichen
sprachlichen Verhältnisse auf dem nationalen Element
auf sowie auf dem slowenischen ethnischen Charakter
eines Großteils der Bevölkerung. Alle anderen Ele-
mente der Propaganda, auch die wirtschaftlichen, wa-
ren zweitrangig. Die Propaganda leitete der → Narodni
svet za Koroško [Nationaler Rat für Kärnten], den die
Regierung in →
Ljubljana eingerichtet hatte, sowie
dessen örtliche Sektionen. Auf jugoslawischer bzw.
slowenischer Seite sind besonders die Priester, Frauen
und Lehrer aus Zentralslowenien als jene Personen- gruppen anzuführen, die eine bedeutende Rolle bei der
V. hatten. Die Propaganda des Narodni svet konzent-
rierte sich auf die Warnung vor dem und die Abwehr
des Deutschnationalismus, der die Hauptursache der
historisch bedingten und seit der Zeit der → Dezem-
berverfassung 1867 gewaltsamen → Germanisierung
(→ Assimilationszwang) sei, die zu einer politischen,
kulturellen und auch sprachlichen Eindeutschung ei-
nes Teiles der slowenischen Bevölkerung geführt hatte.
Die entscheidende Frage dieser Propaganda war, ob
es in der Abstimmungszone A noch genügend »slo-
wenisch fühlende« Wahlberechtigte gab, die über die
Zugehörigkeit des Abstimmungsgebietes entscheiden
würden. Die Agitation war defensiv ausgerichtet und
sprach nicht die österreichischen Wähler mit deutscher
→ Muttersprache an. Diesen sicherte die Propaganda
den Schutz der Minderheitenrechte zu. Am Rande
wurden die wirtschaftlichen Vorteile und Entwick-
lungsmöglichkeiten im neuen jugoslawischen Staat
(natürliche Reichtümer, Meer usw.) betont. Die jugos-
lawische Agitation richtete sich an die ethnischen Slo-
wenen, bei denen die Möglichkeit bestand, dass sie ihre
Stimme für Österreich abgeben könnten. In Ljubljana
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602